Die Forderung nach einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung bis auf den Teller sowie die aktuelle Lage der Zuchtrindervermarktung standen im Mittelpunkt der diesjährigen Generalversammlung der Zentralen Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Rinderzüchter in Salzburg. Ausgehend vom vorjährigen Beschluss der 46 Mitgliedsorganisationen der Dachorganisation ZAR hat sich mittlerweile die ganze Branche der Veredelungswirtschaft mit dem Sprachrohr „Verein Nachhaltige Tierhaltung Österreich“ (NTÖ) dieser Forderung angeschlossen.
Generalversammlung im Heffterhof in Salzburg
Der NTÖ vertritt 130.000 Betriebe mit Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen, Geflügel und Pferden; der Wert der tierischen Produktion beträgt rund 3,6 Mrd. Euro. Die tierischen Erzeugnisse stellen mit 48 Prozent fast die Hälfte der gesamten landwirtschaftlichen Produktion dar. „Die tierhaltende Landwirtschaft erwartet sich einerseits die Umsetzung der im österreichischen Regierungsprogramm verankerten Herkunftskennzeichnung als auch den politischen Rückhalt für die damit verbundene Kalbfleischstrategie“, betont ZAR-Obmann Stefan Lindner. „Diese ist ein höchst notwendiger Schritt, um die heimische Produktion zu stärken und die Wertschöpfung im eigenen Land abzusichern. Dazu braucht es aber eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung bis auf den Teller.“
Nachhaltiger Zuchttiertransport
Lindner sieht den Griff zu den heimischen Produkten als nachhaltige Sicherung der kleinstrukturierten bäuerlichen Landwirtschaft in Österreich, die durch die Corona-Gegebenheiten plötzlich ins öffentliche Scheinwerferlicht gerückt ist. Welchen Stellenwert die heimische Lebensmittelproduktion hat, zeigte die Einstufung als systemrelevante Infrastruktur. Trotz Absatzprobleme, zurückzuführen vor allem durch den teilweisen oder gänzlichen Wegfall von Gastronomie und Hotellerie, konnte die Vermarktung während Corona aufrechterhalten werden. Dies war für die Branche von essentieller Wichtigkeit. Die Versteigerungen konnten unter Einhaltung von jeweils adaptierten Sicherheitsmaßnahmen und in enger Abstimmung mit dem Gesundheits- und Landwirtschaftsministerium abgehalten werden, ebenso wie die Leistungsprüfungen auf den Betrieben. Der Zuchttiertransport stellt ein wichtiges Standbein für die über 22.000 österreichischen Zuchtrinderbetriebe dar und läuft nach den strengen gesetzlichen Vorgaben ab.
„Die österreichische Rinder- und Milchproduktion ist nachhaltig und klimafit“, betont Stefan Lindner und weist auf den Anteil von Grünland mit 45 Prozent, das nur durch den Wiederkäuer verwertet werden kann, hin. „Milch und Rindfleisch können mit deutlich weniger Emissionen produziert werden als im internationalen Vergleich. Die Branche selbst, in der ZAR wurde eine eigene Forschungsabteilung etabliert, engagiert sich in Kooperation mit internationalen Partnern, um relevante Potentiale zur Klimaoptimierung aufzuzeigen.
Neue Methode Single-Step-Zuchtwertschätzung
Ein großes Thema in der Forschung und in der ZAR stellt weiters der Bereich Datenvernetzung und Datenanalysen dar, mit dem sich das Projekt D4Dairy unter Federführung der ZAR und mit hochkarätigen Wirtschafts- und Wissenschaftspartnern, wie dem Complexity Science Hub, beschäftigt. Ziel der Forschungen ist, jeweils Potentiale und Chancen für die Betriebe aufzuzeigen und praxistaugliche Lösungen zu liefern. Der Zugang zu den Daten, die auf den bäuerlichen Betrieben generiert werden, ist die Voraussetzung, dass Zuchtziele von den Bäuerinnen und Bauern selbst vorgegeben und über die Zuchtprogramme umgesetzt werden können. Mit Anfang April wurde das neue Verfahren Single-Step in der Zuchtwertschätzung in Österreich eingeführt, wodurch die Berechnung genomisch optimierter Zuchtwerte für alle Tiere in einem Rechenschritt möglich ist. „Dadurch wird den Fitness- und Gesundheitsmerkmalen in der Zucht noch mehr Aufmerksamkeit verliehen“, freut sich Stefan Lindner und dankt dem internationalen Zuchtwertschätzteam für diese neuen Möglichkeiten und Potentiale.
Ehrungen verdienter Funktionäre
Den Abschluss der Generalversammlung bildeten die Ehrungen von Dr. Thomas C. Jutz, Tierzuchtdirektor Vorarlberg und Geschäftsführer von Vorarlberg Rind, und Ing. Johann Tanzler, bis vor kurzem Geschäftsführer von Fleckvieh Austria, für ihre Verdienste um die Rinderzucht.
Ehrung von Dr. Thomas C. Jutz; v. l.: DI Erwin Brunner, Obmann Stefan Lindner, Dr. Thomas C. Jutz, GF DI Martin Stegfellner, ZAR-Obmann-Stv. Sebastian Auernig
Ehrung von Ing. Johann Tanzler, bis vor kurzem Geschäftsführer von Fleckvieh Austria; ZAR-Obmann Stefan Lindner (li.) und Ing. Johann Tanzler (re.)
Autorin: Dr. Roswitha Eder, ZAR
Fotos: ZAR