Fleckvieh aus Österreich – eine Premiummarke in der Türkei

Die Türkei – der Riese zwischen Europa und Asien

Die Türkei als Bindeglied zwischen Europa und Asien ist ein Land der Vielfalt. Neben der Versorgung des Landes mit Energie ist der Aufbau einer Eigenständigkeit in der Nahrungsmittelproduktion ein wichtiges strategisches Ziel der Politik in der Türkei. Dies stellt bei einer stark wachsenden Bevölkerung eine enorme Herausforderung dar. Aktuell leben rund 85 Millionen Menschen in der Türkei auf einer Fläche, die mehr als der doppelten Größe von Deutschland entspricht. Wichtigster Wirtschaftszweig des Landes ist der Tourismus. Rund 45 Millionen Touristen wählten im letzten Jahr die Türkei als ihre Urlaubsdestination. Es ist naheliegend, dass in einem Land, das nahezu zu 100 Prozent von Muslimen bevölkert wird und derart große Zahlen an Menschen zu ernähren hat, die Rinderwirtschaft große Tradition und Bedeutung hat. Aktuell werden im Land rund 16 Millionen Rinder gehalten. 2023 wurde rund ein Viertel der aus Österreich exportierten Zuchtrinder in die Türkei verkauft, wovon 98 Prozent auf die Rasse Fleckvieh entfielen.

Agro-Expo – größte Agrarmesse in der Türkei

Die Agro-Expo in Izmir ist die größte Agrarmesse in der Türkei. Über 100.000 Besucher aus mehr als 70 Ländern besuchten die Messe mit Ausstellern aus aller Welt. Die österreichischen Farben wurden durch einen Kooperationsstand zwischen Rinderzucht Austria und der Firma Schalk Nutztiere vertreten. Thomas Schalk und sein Team haben in den letzten Jahren sehr viele Fleckviehtiere aus Österreich in die Türkei exportiert.

Der gelungene Messeauftritt in Izmir als Kooperationsstand zwischen Rinderzucht Austria und Schalk Nutztiere

Der gelungene Messeauftritt in Izmir als Kooperationsstand zwischen Rinderzucht Austria und Schalk Nutztiere

Treffen langjähriger Partner der Firma Schalk am Messestand

Die Verteilung der Tiere in der Türkei selbst erfolgt zum überwiegenden Teil durch Agrarverbände. Diese Verbände beraten die Betriebe in Fragen der Rinderhaltung, unterstützen sie im Zugang zu staatlichen Subventionen, verhandeln aber auch beispielweise Konditionen für Kredite oder Auszahlungspreise für Milch und Fleisch für ihre Mitglieder. Ankäufe von hochwertigen Zuchtrindern werden vom Staat gefördert. Damit soll die Qualität der Rinderwirtschaft im Land nachhaltig positiv beeinflusst werden.

Diskussion über die zukünftige Nutzung der Genomik in der Türkei

Diskussion über die zukünftige Nutzung der Genomik in der Türkei

Treffen mit Firma Celik, einem langjährigen Partner der österreichischen Fleckviehzucht im Import von Samen und Zuchtrindern

Treffen mit Firma Celik, einem langjährigen Partner der österreichischen Fleckviehzucht im Import von Samen und Zuchtrindern

In vielen Gesprächen mit Vertretern dieser Agrarverbände und Kooperativen wurde eines klar: Fleckvieh aus Österreich ist eine Premiummarke in der Türkei. Fleckvieh aus Österreich wird von den Kunden als eine Art Goldstandard für Doppelnutzungsrassen angesehen. Gründe dafür sind mit Sicherheit ein positives Marketing, intensive Kundenpflege durch die österreichischen Exportfirmen und die Rinderzucht Austria mit Vertrauensaufbau über viele Jahre sowie eine bestens organsierte zentrale Vermarktung von Zuchtrindern durch die österreichischen Zuchtverbände. Fleckvieh aus Österreich kann mit Fug und Recht als Exportschlager, als langjährige Erfolgsgeschichte österreichischer Wirtschaftskraft, bezeichnet werden.

Rinderwirtschaft in der Türkei

Die Reise in die Türkei bot auch die Möglichkeit, Betriebe zu besuchen, die Fleckviehzuchtrinder aus Österreich importiert haben. Die neue Veterinärin der Rinderzucht Austria Mag. Vera Hinteregger und Reinhard Pfleger konnten sich ein Bild der Lebensbedingungen der Tiere auf den Betrieben machen. Aktuell werden in der Türkei Milchpreise von umgerechnet zwischen 42 und 50 Eurocent netto ausbezahlt. Das Bezahlsystem berücksichtigt die Milchinhaltsstoffe leider nicht. Die Preise für Kuh- und Stierfleisch liegen mit rund 8,50 Euro netto je Kilo Schlachtgewicht deutlich über dem österreichischen Preisniveau. Die Futterrationen auf den Betrieben sind stark Maissilage betont und mit ausreichend Kraftfutter versehen. Als Strukturträger wird Luzerne eingesetzt. Auch bei uns weitestgehend unbekannte Futtermittel wie Baumwollsaat finden sich in den Rationen wieder. In der Jungrinderaufzucht sowie im Speziellen in der Stiermast wird auf stark energiekonzentrierte Rationen gesetzt, woraus hohe tägliche Zunahmen resultieren. In der Kälberaufzucht wird nach der Biestmilchphase in den meisten Betrieben Milchaustauscher eingesetzt.

Neuer Jungrinderstall in Sichtweite zum Meer

Neuer Jungrinderstall in Sichtweite zum Meer

Die AKA-Farm – ein beeindruckender Betrieb


Besonders beeindrucken konnte die Vertreter aus Österreich der Besuch auf der AKA-Farm in der Nähe von Izmir. Der Betrieb hat vor 5 Jahren 290 Fleckviehkalbinnen aus Österreich zum Aufbau der Herde importiert. Die Tiere werden in großzügig dimensionierten Laufställen ohne Wandelementen gehalten. Die Laufflächen sind planbefestigt. Die Kühe liegen auf freien Flächen, die im Kompoststallsystem mit einer Liegefläche aus Erde, Sand und Mist der Tiere mit darunterliegender Drainage gestaltet sind. Große Ventilatoren sorgen für die notwendige Kühlung der Tiere bei heißen Temperaturen.

Gutes Management in Fütterung und Haltung

Gutes Management in Fütterung und Haltung

Die Gülle und der Festmist der Tiere wird über eine Biogasanlage in Strom umgewandelt. Die aktuell rund 300 Kühe in Milch leisten einen Tagesschnitt von 33 kg Milch und werden von Fremdarbeitskräften zwei Mal pro Tag in einem großen Side-by-Side-Melkstand gemolken.

Mit einem Besamungsindex von 1,7 kann sich auch das Fruchtbarkeitsmanagement sehen lassen. Aktuell haben die Kühe in der Herde im Schnitt drei Kälber je Kuh. Durch konsequente Zucht und Aufbau der Rindermast als Betriebszweig konnte der aktuelle Viehbestand am Betrieb von den anfänglichen 290 Kalbinnen auf aktuell auf 1.100 Tiere erhöht werden. Alle Stallungen werden von Kamerasystemen laufend überwacht. Selbst während jeder Nacht sehen zwei Mitarbeiter nach dem Wohl der Tiere.

Blick in den Melkstand der AKA-Farm

Der Rinderbestand von 1.100 Tieren wird durch mehrere Kameras laufend überwacht

Der Rinderbestand von 1.100 Tieren wird durch mehrere Kameras laufend überwacht

Beeindruckend war auch der Blick in den Stall der Maststiere. Die Tiere zeigten sich in bester Kondition mit starkem Fleischansatz. Erst vor wenigen Tagen wurden 60 Stiere mit einem durchschnittlichen Alter von 18 Monaten und 430 kg Schlachtkörpergewicht verkauft. Der durchschnittliche Erlös je Schlachtstier betrug umgerechnet rund 3.600 Euro. Ein sicheres Indiz dafür, warum Fleckvieh mit seinen Stärken in der Zweinutzung in der Türkei so stark nachgefragt ist.

Fleckviehstiere von Top-Qualität auf der AKA-Farm

Das Team der Rinderzucht Austria mit den Verantwortlichen der AKA-Farm

Fazit

Der Markt in der Türkei war und ist für österreichisches Fleckvieh interessant und wichtig. Der Bedarf an Zuchttieren ist aktuell groß. Trotz der derzeitig sehr hohen Preise für Zuchtrinder in Österreich und der kursschwachen türkischen Lira ist mit starker Nachfrage in den nächsten Monaten zu rechnen. Für türkische Landwirte sind Fleckviehzuchtrinder aus Österreich eine sehr teure Investitionen. Umso mehr versuchen die Züchter vor Ort die Tiere möglichst lange in ihren Beständen zu nutzen, um die teuren Anschaffungskosten mit Erlösen aus der Produktion von Milch und Nachzuchttieren wieder refinanzieren zu können.

Fleckvieh aus Österreich geniest einen hervorragenden Ruf in der Türkei und wird als Premiummarke für Zuchtrinder angesehen. Geschätzt wird die Robustheit der Tiere, die gute Grundfruchtbarkeit der Tiere sowie ihre Resilienz gegenüber Eutererkrankungen. Von mehreren Verantwortungsträgern wurde der Wunsch nach Unterstützung aus Österreich betreffend der Einführung der genomischen Untersuchung von weiblichen Fleckviehtieren geäußert.

Autor: Ing. Reinhard Pfleger, Fleckvieh Austria

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