Der nächste Sommer steht vor der Tür und lange vor uns Menschen leiden bereits unsere Kühe unter Hitzestress. Höchste Zeit, sich über die Luftverhältnisse im eigenen Kuhstall Gedanken zu machen.
Die optimalen Luftverhältnisse sind aus zweierlei Hinsicht wichtig: Einerseits Lüftung und andererseits Kühlung.
Schläuche werden individuell an Stall und Einsatzzweck angepasst. Ein Schlauch, der im Sommer zur Kühlung dient, eignet sich jedoch nicht zur Belüftung im Winter
Bei der Lüftung steht die Luftqualität im Mittelpunkt. Als Weidetiere wollen Rinder auch im Stall reichlich frische Luft. Durch ihre Atmung und Verdauung produzieren Kühe große Mengen an Wasserdampf, aber auch Schadgase wie Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Ammoniak (NH3). Ein ausreichender Luftwechsel muss dafür sorgen, Wasserdampf und Schadgase aus dem Stall zu transportieren und die Kühe mit Frischluft zu versorgen. Als Faustzahlen gelten dabei vier Luftwechsel pro Stunde im Winter und 60 Luftwechsel pro Stunde im Sommer. Dies lässt sich leicht mit einer Rauchpatrone überprüfen. Der Rauch sollte sich im Winter nach 15 Minuten und im Sommer nach einer Minute verzogen haben.
Gerade in der warmen Jahreshälfte spielt aber neben der Lüftung vor allem auch die Kühlung der Kühe eine entscheidende Rolle. Da durch die Verdauungsvorgänge im Pansen sehr viel Wärme entsteht, mögen Kühe kühle Lufttemperaturen von -5 bis +16 Grad Celsius. Dieser Bereich wird als thermoneutrale Zone bezeichnet. Hier braucht die Kuh also keine zusätzliche Energie, um sich warm beziehungsweise kühl zu halten. Bei höheren Temperaturen fällt es den Kühen zunehmend schwer, ihre Stoffwechselwärme an die Umgebungsluft abzugeben, und Hitzestress beginnt.
Bauliche Maßnahmen
→ Stall großflächig öffnen: Je offener der Stall gestaltet ist, desto besser wird die natürliche Luftbewegung genutzt, um möglichst viele Luftwechsel zu erreichen. Großflächig geöffnete Seitenwände begünstigen die Querlüftung, Anbauten, Betonsockel, geschlossene Trennwände und Ähnliches hemmen diese. Warme, feuchte Luft steigt im Stall auf und sollte daher durch den First entweichen können. Hierbei sind Shed-Firste aufgrund der besseren Beschattung Lichtfirsten vorzuziehen. Es genügt aber nicht, bauliche Details gut zu lösen, wenn man den Stall danach nicht richtig „bedient“, heißt Curtains, Tore und Fenster auch wirklich öffnet.
→ Strahlungswärme reduzieren: Dunkle, nicht isolierte Dächer, aber auch Lichtfirste oder Lichtplatten im Dach heizen das Innere des Stalls unnötig stark auf. Helle, isolierte Dächer beziehungsweise ein Kaltdach reduzieren hingegen die Strahlungswärme. Im Sommer muss direkte Sonneneinstrahlung, zum Beispiel durch tiefstehende Sonne von Westen, in den Stall vermieden werden.
Kühlung durch Ventilation
→ Kühle Brise im Sommer: Ab einer Windgeschwindigkeit von 2 Metern pro Sekunde sorgt der „Wind-Chill-Effekt“ dafür, die gefühlte Temperatur der Kühe zu reduzieren. Bei einer Außentemperatur von 30 Grad Celsius und einer relativen Luftfeuchte von 70 Prozent erreicht man bei einer Windgeschwindigkeit von 2,5 Metern pro Sekunde eine Kühlwirkung von 6,1 Grad Celsius. Bei länger anhaltenden Hitzewellen sollten die Ventilatoren auch nachts laufen, um die Tiere zusätzlich zu kühlen. Trockensteherbereich, Vorwartebereich und Melkstand/AMS dürfen nicht vergessen werden. Hier hat die zusätzliche Luftbewegung durch Ventilatoren auch den Vorteil, dass Fliegen vertrieben werden.
→ Axiallüfter: Sollten primär auf die Liegeboxen ausgerichtet und immer drückend eingebaut werden. Allerdings ist die Wurfleistung der Ventilatoren beschränkt (Faustzahl: 1 bis 1,2 Meter pro 10 Zentimeter Ventilatordurchmesser). Sinkt die Windgeschwindigkeit unter 2,5 Meter pro Sekunde sollte ein weiterer Ventilator eingebaut werden. Um die optimale Wirkung zu erzielen, sollten Axiallüfter in einer entsprechenden Höhe (Unterkante Ventilator zirka 2,5 Meter über Boden) montiert und 10 bis 15 Grad nach unten geneigt werden. Die größte Kühlwirkung wird erreicht, wenn der Luftstrom seitlich auf die Körper der liegenden Kühe trifft. Die Einstellung kann mittels Probeliegen in der Liegebox oder einer Rauchpatrone überprüft werden.
→ Deckenventilatoren: Diese haben zwar eine höhere Wurfweite und einen breiteren Luftkegel als Axiallüfter, verursachen meist aber zu geringe Luftgeschwindigkeiten, um eine Kühlung zu erreichen. Sie sind daher zur Vermeidung von Hitzestress oft nur bedingt geeignet und können diesen im Extremfall durch die Umwälzung der warmen Luft unter dem Stalldach sogar noch verschärfen.
→ Schlauchlüftung: Damit können große Luftmengen sehr genau zu den Kühen gebracht werden, besonders in niedrigen Stallungen. Die Schläuche werden dabei je nach Stall und Aufgabengebiet konzipiert. Das bedeutet allerdings, dass man nicht mit dem gleichen Schlauch im Winter lüften und im Sommer kühlen kann. Bei Schläuchen, welche für die Lüftung des Stalls entworfen wurden, reicht oft die Luftgeschwindigkeit nicht aus, um mittels Wind-Chill-Effekt die Kühe wirklich zu kühlen.
Achtung: Die oben angeführten Empfehlungen gelten für Milchkühe, allerdings nicht für Kälber. Diese haben andere Anforderungen an das Stallklima als Kühe.
(Auszug aus dem Artikel „Hitzestress im Kuhstall – nicht warten bis es zu spät ist!“ von Dr. Marco Horn, BEd, LK NÖ, T +43 5 0259 23301, marco.horn@lk-noe.at; Fleckvieh Austria Magazin 2/25)