Fast schon als außergewöhnlich erscheint der Betrieb von Andrea und Manfred Thaller im obersteirischen Ort Landl: Mit 18 Kühen und 30 ha Wald führen sie ihren tipptopp gepflegten Betrieb seit nunmehr fünf Jahren im Vollerwerb.
Der Fleckviehzuchtbetrieb wurde von Andrea und Manfred 2013 übernommen. Bis 2016 ist Manfred noch einem Nebenerwerb als Installateur nachgegangen. „Wir haben uns dann dazu entschlossen, in die Direktvermarktung von Milchprodukten einzusteigen und damit ein zusätzliches Einkommen zu schaffen“, erzählt Manfred. Mit dieser Entscheidung ist es gelungen, trotz der relativ kleinen Betriebsgröße den Hof als Vollerwerbsbetrieb mit zwei Arbeitsplätzen zu führen. Der Betrieb steht nun auf mehreren Standbeinen: Milchproduktion, Rinderzucht, Forstwirtschaft und dem immer wichtiger werdenden Zweig der Direktvermarktung.
„Aus- und Weiterbildung sind uns wichtig“, erklären Andrea und Manfred. Beide haben einen Facharbeiterabschluss und ihr Betrieb ist Mitglied im regionalen Arbeitskreis für Michproduktion.
Auch Mutter Christine und die beiden Söhne sind in die tägliche Arbeit eingebunden und helfen fleißig mit.
Investitionen stetig und immer überschaubar
Bereits 1991 errichteten die Eltern von Manfred einen Jungviehlaufstall mit Hochboxen für 20 Stück Jungvieh. Elf Jahre später investierten sie in einen neuen Kuhstall für 22 Kühe. Der Stall wurde mit Spalten und Hochboxen ausgestattet, für die Kraftfutterzuteilung ein Transponder eingebaut. Während in den ersten Jahren noch in der alten Anbindehaltung gemolken wurde, wurde 2019 dann ein neuer 5er Side-by-Side-Melkstand eingebaut. Ein planbefestigter Auslauf ermöglicht es den Tieren, jederzeit ins Freie zu gelangen.
Sehr gute Maschinen-Eigenausstattung
Der Betrieb ist maschinell sehr gut ausgestattet. Es stehen zwei Traktoren, eine Ballenpresse und Wickelmaschine sowie ein Doppelschwader, ein Kreiselheuer und ein Front- und Heckmähwerk zur Verfügung. Somit werden alle Erntearbeiten mit betriebseigenen Maschinen durchgeführt.
Die 30 ha Wald werden zur Gänze selbst bewirtschaftet. Zur Holzernte stehen eine betriebseigene Seilwinde sowie ein Forstanhänger zur Verfügung. In den letzten Jahren wurde fast ausschließlich Schadholz (Windwurf- und Käferholz) geerntet.
So wird gefüttert …
Die Grundfutterration besteht aus 95 Prozent Silage und aus 5 Prozent Heu. Im Sommer haben die Kühe freien Zugang zur Weide, trotzdem werden sie im Stall mit Silage ausgefüttert. Mineralstoffe und Lecksteine werden je nach Bedarf angeboten; das Kraftfutter wird mit maximal acht Kilo pro Tag über den Transponder angeboten.
Bis zu acht Stück Jungvieh befinden sich von Anfang Juni bis Mitte September auf der Alm. Die restlichen werden auf den betriebseigenen Hut- und Dauerweiden gehalten.
Auswahlkriterien in der Zucht
Familie Thaller, vulgo Hebenstreit, züchtet seit Mitte der 60er-Jahre Fleckvieh. Bei der Auswahl der Stiere steht die Milchleistung selten im Vordergrund. Man spezialisiert sich vor allem auf Stiere, die eine gute Euterqualität, gute Fitness, niedrige Zellzahl und hohe Inhaltsstoffe vererben. Als Basis für den Stiereinsatz verwendet das Betriebsleiterehepaar den Anpaarungsplaner GS AIO. Aktuell werden folgende Stiere eingesetzt: GS DER BESTE, GS HABSBURGER, GS VERY GOOD, GS RENEGADE und GS WEEKEND. In letzter Zeit werden auch vermehrt hornlose Stiere verwendet. Voraussetzung ist, dass die Stiere in der Euterqualität und in der Milchleistung entsprechen.
Die Stierkälber werden größtenteils nach Traboch geliefert, bei Bedarf aber auch direkt in der näheren Umgebung vermarktet. Zuchtvieh wird ebenfalls vorwiegend regional oder über die Vermarktungsplattform Kuh4you angeboten.
Arbeitskreis Milch
Der Betrieb Hebenstreit ist seit 2011 Mitglied beim Arbeitskreis für Milchproduktion. Vor allem der Erfahrungsaustausch und die interessanten Vorträge sind für das Betriebsleiterehepaar sehr informativ. Sehr wichtig sind ihnen auch die jährliche Ergebnispräsentation und vor allem der aufschlussreiche Kennzahlenvergleich. Der Betrieb hat die Kosten sehr gut im Griff und liegt damit beim Betriebsergebnis im sehr guten Mittelfeld. Besonders hervorzuheben ist die extrem niedrige Zellzahl: Sie beträgt im Durchschnitt der letzten fünf Jahre 63.000. Auch die Fruchtbarkeit der Kühe ist im Schnitt der letzten fünf Jahre sehr stabil und auf einem sehr hohen Niveau.
Familie Thaller: Mutter Christine, Andrea und Manfred (v. l. stehend) und vorne die Söhne Florian und Matthias
Der Hof der Familie Thaller in Landl in der Obersteiermark
Manfred Thaller betreibt seine Landwirtschaft seit 2016 im Vollerwerb
Bis zu acht Stück Jungvieh befinden sich von Anfang Juni bis Mitte September auf der Alm
Die Söhne Matthias (li.) und Florian mit einem GS MYSTERIUM Pp-Stierkalb
Andrea Thaller verkauft jährlich 20.000 bis 25.000 l Milch als Rohmilch bzw. verarbeitet als Butter, Topfen, Joghurt, Molke
Direktvermarktung
Nach dem Entschluss, in die Direktvermarktung von Milchprodukten einzusteigen, absolvierte Andrea 2016 eine Grundausbildung zur Milchverarbeitung im LMTZ Wieselburg. Im selben Jahr richteten die Thallers einen modernen Verarbeitungsraum ein und nach einer intensiven Lernphase konnten die Produkte Joghurt, Butter, Topfen, Fruchtmolke und Rohmilch zum Verkauf angeboten werden. „In der Anfangsphase haben wir alles direkt am Hof vermarktet, aber seit Corona im Jahr 2020 haben wir die ganze Vermarktung auf Selbstbedienung umgestellt. Das hat den Vorteil, dass mit dem Verkauf keine zusätzliche Arbeit verbunden ist. Wichtig für die Kunden ist es, dass sie sehen, wie und wo ihre Produkte erzeugt werden“, erklärt die Betriebsleiterin. Auf diese Weise werden ca. 20.000 bis 25.000 Liter Milch verarbeitet und über die Direktvermarktung verkauft. Ca. 120.000 Liter Milch werden an die Ennstal-Milch geliefert.
Zukunftsperspektiven
Das Betriebsleiterehepaar ist mit der vorhandenen Betriebsgröße sehr zufrieden. Das Ausmaß der Direktvermarktung sowie die Kuhanzahl sind der Betriebsgröße bestens angepasst. Man will weiterhin an den internen Schrauben zur Produktionsoptimierung drehen, aber es ist nicht angedacht, die Betriebsgröße und die Produktion mittelfristig zu erhöhen.