Das kostet die Aufzucht einer Kalbin

Bei vielen Milchviehbetrieben fristet die weibliche Nachzucht ein Schattendasein. Die Tiere werden dann versorgt, wenn die Milchkühe gemolken und die Kälber versorgt sind. Neben den Futterresten aus der Milchproduktion werden jene Partien gefüttert, deren Qualität für die Milchkühe nicht ausreicht. Als Ställe dienen häufig adaptierte Altstallungen.

Aus kostentechnischer Sicht sind die oben angeführten Aspekte durchaus nachvollziehbar. Allerdings besteht die Gefahr, dass sich das gewünschte Aufzuchtergebnis nicht einstellt und die aufgezogene Kalbin bei Betrachtung der Gesamtkosten unerwartet teuer ist.

Vollkosten einer Aufzuchtkalbin

Fragt man Milchviehhalter nach den Kosten der Aufzucht, werden vor allem die Futterkosten genannt. Diese machen den Großteil der variablen Kosten aus. Ansonsten stechen noch Tierarzt- und Besamungskosten ins Auge. Je nach Stallsystem sind auch Einstreukosten ein relevanter Kostenblock. Eine oberflächliche Betrachtung lässt den Schluss zu, dass die Aufzucht einer Kalbin mit ca. 800 Euro abgedeckt werden kann. Fairerweise müssen auch die in die Aufzucht investierten Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital bewertet werden.

Grundfutterkonservierung und Stallhaltung sind anlagenintensive Betriebszweige. Daher fallen in diesen Bereichen hohe Fixkosten an, die bei oberflächlicher Betrachtung leicht übersehen werden. Hier gilt es zu bedenken, dass je produzierter Aufzuchtkalbin zwei Stallplätze und ca. eine Jahresernte von einem Hektar Grünland benötigt werden, weil das Tier bei der Erstabkalbung über zwei Jahre alt ist. Beispielhaft werden daher einer fertigen Kalbin Abschreibungen in Höhe von 150 Euro für Gebäude und 330 Euro für Maschinen der Innen- und Außenwirtschaft angelastet.

Auch die Kapitalkosten sind ein nicht zu unterschätzender Faktor, sie machen bei drei Prozent Zinsansatz ca. 150 Euro pro fertigem Tier aus.

Die aufgewendete Arbeitszeit für die Kalbinnenaufzucht wird in der Regel unterschätzt. Sie umfasst neben der täglichen Tierbetreuung auch Zeiten für Einstreuen und Entmisten und natürlich die Grundfutterkonservierung und erstreckt sich zwischen 25 und 70 (bei kleinen Beständen auch deutlich mehr) Arbeitskraftstunden pro fertiger Kalbin. Hierfür werden durchaus niedrige 300 Euro angesetzt.

Die Gesamtkosten inkl. Kalb betragen demnach ca. 2.200 Euro inkl. Kalb bzw. 1.800 Euro ohne Kälberkosten. Die Kosten für die Futtermilch stecken in den Kälberkosten. In der Praxis wird häufig versucht, bei den variablen Kosten zu sparen, z. B. beim Mineralfuttermittel oder beim Grundfutter. In Anbetracht der hohen Gesamtkosten wird deutlich, dass hier das Einsparpotential gering ist; die Gefahr von Fruchtbarkeitsproblemen bis zum Verlust des Zuchttiers sind monetär schmerzlicher.

Erstkalbealter

Das Erstkalbealter ist eine wichtige Kennzahl, um den Erfolg der eigenen Kalbinnenaufzucht zu kontrollieren. Fehler in der Fütterung wirken sich durch ein höheres Erstkalbealter auf die Wirtschaftlichkeit der Aufzucht aus. Bei intensiver Aufzucht und Stallhaltung kann man bei Fleckvieh durchaus 25 bis 26 Monate als Erstkalbealter anstreben.

(Auszug aus dem Artikel „Das kostet die Aufzucht einer Kalbin“, Fleckvieh Austria Magazin 5/20, von DI Gerald Biedermann, LK NÖ)