Bald ist es wieder soweit: Die Mähwerke rauschen durchs Grünland, um die erste und wichtigste Ernte einzufahren. Von der Sense seit dem Mittelalter hat sich – mit einem technischen „Ausflug“ über den Messerbalkenmäher – der Kreis mit den Kreiselmähwerken heute wieder zur Sensentechnik geschlossen.
Rotierende Mähwerke funktionieren nicht anders als Sensen. Messerschärfe und Geschwindigkeit sind maßgeblich. Fehlt die Schärfe muss sie durch Geschwindigkeit (Kraft) ausgeglichen werden.
Der Messerbalken hingegen ist ein Scherenschnitt (Schneide und Gegenschneide). Ohne Schärfe geht hier bald gar nichts mehr. Darum haben sich Kreiselmähwerke letztlich auch durchgesetzt, weil die Verantwortung für die Schneide an die Motorkraft abgegeben werden konnte. Mit der Größe und der Geschwindigkeit der Traktoren wurde auch die Distanz zum Grünland größer, die Pflanzen und die Schnittqualität kamen außer Sichtweite.
Jeder Schnitt eine Verletzung
Für eine im Wachstum befindliche Pflanze ist das Abschneiden von assimilierenden Teilen (Blätter sind lebenswichtig!) eine Verletzung, mit durchaus großen Herausforderungen. Die Pflanze muss die Schnittstelle möglichst schnell abheilen. Sie bildet Korkzellen aus, um die Wunde zu schließen und den übermäßigen Verlust von Wasser zu verhindern. Ist die Wunde länger offen, veratmet und verliert die Pflanze auch leichtlösliche Kohlenhydrate (Zucker), die sie eigentlich für die Blattneubildung braucht.
Das gilt umso mehr für Gräser, die keine Stämme oder Äste haben, wo sie seitlich aus schlafenden Knospen austreiben können, oder keine dicke Wurzeln als Speicherorgane, um von dort größere Mengen an Reservestoffen zu mobilisieren und wieder neue Pflanzenmasse auszubilden.
Mit jedem Schnitt muss die Pflanze auch ihren Stoffwechsel (Hormonhaushalt) umstellen. Bei den Gräsern werden im Halmgrund des verbliebenen Horstes Reservestoffe mobilisiert und an der Basis Triebknospen für die Bildung neuer Blatttriebe aktiviert.
Nährstoffversorgung wichtig
Ausreichend und gut mit Nährstoffen versorgte Gräserbestände bewältigen diese Neuorientierung in ihrem Wachstum und Stoffwechsel deutlich leichter und rascher. Zur sogenannten Vitalität eines Grünlandbestandes gehört allerdings auch der Boden. Zahl und Qualität der Bodenporen, pflanzenverfügbares Kapillarwasser und Bodenluft für die Atmung von Wurzeln und Mikroorganismen sind ebenso entscheidend.
Die einzelnen Gräserarten reagieren sehr unterschiedlich. Je mehr grüne Blätter sie unter der Mähhöhe haben, desto besser vertragen sie das Mähen, desto rascher treiben sie wieder aus. Wiesenrispe und Englisches Raygras gehören dazu. Glatthafer hat jedoch eine vergleichsweise sehr lange Wiederantriebszeit. Er braucht länger zur Regeneration und verträgt öfteres Mähen deshalb schlecht. Bei mehr als drei Schnitten verschwindet er langsam.
Glatter Schnitt – rasche Heilung
Je geringer die Schnittfläche, desto weniger Mühe hat die Pflanze. Ein glatter und gerader Schnitt bedeutet rasche Heilung und die Pflanze kann sich wieder auf das Wachsen und die Bildung von Blattmasse konzentrieren.
Auszug aus dem Artikel „Der stille Schrei der Gräser – Mähen aus der Sicht unserer Grünlandgräser“ von DI Peter Frühwirth, LK OÖ, Grünlandreferat (am 18. März 2021 hat Mag. Michael Fritscher das Grünlandreferat als Nachfolger übernommen)