Kürzlich fand das traditionelle Weiterbildungsseminar für Fleckviehexterieurbeurteiler statt. Die Veranstaltung wird von Fleckvieh Austria, ASR und LfL organisiert und wurde diesmal in Oberösterreich an der LFS Otterbach ausgetragen. Der Einladung folgten über 50 aktive Beurteiler aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und aus allen Zuchtgebieten in Österreich.
Über 50 Fleckviehbeurteiler aus Deutschland und Österreich nahmen an der Weiterbildung teil
LFS Otterbach bot optimale Bedingungen
Als Austragungsort bot die LFS Otterbach mit einer Herde von 65 Kühen im Schulbetrieb und einem Tagungsraum im Schulgebäude ideale Voraussetzungen hinsichtlich theoretischer Schulungsinhalte und praktischer Einheiten am Tier. Das Gut Otterbach ist im Besitz des Landes Oberösterreich und wird seit dem Jahr 2006 vom FIH als Pächter bewirtschaftet.
In der Praxiseinheit des 1. Tages war von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die lineare Beschreibung von insgesamt 9 Jungkühen nach FleckScore zu erledigen. Erfasst wurden die Daten mit der allgemein zugänglichen Onlineanwendung www.fleckscore.com. Die Auswertung der Daten je Bewerter und der Vergleich zum Mittelwert aller Bewerter wurde in bewährter Art und Weise von Hubert Anzenberger, LfL fachlich betreut.
Bewertung am Tier – genaues arbeiten war gefragt
Der Schulstall der LFS Otterbach bot optimale Bedingungen für die praktischen Bewertungen
Den Veranstaltern war es wichtig, neben den praktischen Bewertungen am Tier auch ein fachlich hochwertiges Vortragsprogramm für die Teilnehmenden zusammenzustellen.
FleckScore bringt Qualitätsverbesserung
Dr. Dieter Krogmeier, LfL referierte über Auswertungen zur Anwendung von FleckScore in Deutschland und Österreich. Im Jahr 2021 wurden in Österreich knapp 27.000 Kühe linear beschrieben. In Deutschland waren es über 46.000 Tiere. In der Übereinstimmung der Notenvergaben zwischen den Ländern konnte ein zufriedenstellendes Ergebnis präsentiert werden. Die Einführung von FleckScore im Jahr 2011 hat entscheidend zur Vereinheitlichung der Beschreibungen und somit direkt zur Verbesserung der Qualität der Zuchtwertschätzung Exterieur beigetragen.
Positive Entwicklungen feststellbar
In weiterer Folge analysierte Dr. Krogmeier mit zahlreichen Auswertungen und Grafiken den Einfluss der Exterieurmerkmale auf die Lebensdauer von Kühen und evaluierte das System FleckScore 10 Jahre nach dessen Einführung. Die Nutzungsdauer je Fleckviehkuh in Tagen liegt 2021 im Schnitt um rund 30 Tage höher als dies im Jahr 2011 der Fall war. Festgestellt werden konnte ein kontinuierlich positiver Trend in der Verbesserung der Fundament- und Eutermerkmale sowie ein weitestgehend stabiler Trend in Rahmen und Bemuskelung der Jungkühe. In seinen Ausführungen berichtete Dr. Krogmeier auch über Auswertungen betreffend der Merkmale Strichlänge und Strichdicke. Der anhaltend negative genetische Trend hin zu kürzeren und dünneren Strichen konnte in den letzten Jahren deutlich verflacht werden. Eindeutig zu beobachten ist, dass zu lange und zu dicke Striche immer seltener in der Population anzutreffen sind.
FleckScore International
Bernhard Luntz, LfL ist Leiter der AG Exterieur in der EVF und brachte einen Überblick über getätigte Anpassungen im System FleckScore. Selten vergebene Mängel wurden gelöscht, während mit „Hintere Striche kurz“ ein neuer Mangel in die Bewertungsschablone aufgenommen wurde. Als Projekte für die Zukunft nannte Luntz ein verstärktes Einbeziehen von Daten aus AMS betreffend der Eutergeometrie und des Melkverhaltens und der Dauer der Melkungen. Ein auf wissenschaftlichen Fakten basierender Index für die AMS-Eignung könnte ein Ergebnis der Nutzung dieser neuen Datenquellen sein. Ebenfalls arbeitet man an der Entwicklung einer neuen Online-Anwendung für Schulungen zu FleckScore. Dieses Tool könnte in Schulen und bei Tierbeurteilungswettbewerben eingesetzt werden. Weiters präsentierte er den Teilnehmenden die Neuauflage des Handbuchs zu FleckScore, welches ab sofort über die ASR sowie Fleckvieh Austria beziehbar ist.
Fachlicher und persönlicher Austausch
In einer Fragerunde hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, konstruktive Vorschläge zur weiteren Verbesserung des Systems gemeinsam mit den anwesenden Verantwortungsträgern zu diskutieren. Der erste Tag klang bei einem gemütlichen Abendessen in Schärding aus. Die Teilnehmenden genossen den gegenseitigen Austausch nach der längeren Zeit der sozialen Distanz, sodass neben Fachgesprächen auch Platz für den ein oder anderen Schank aus der täglichen Arbeit war.
Herdentypisierungsprojekt als Dreh- und Angelpunkt der Lernstichprobe
Auch der 2. Tag der Schulung wurde durch Fachbeiträge aus Zuchtwertschätzung und Wissenschaft bereichert. Dr. Hermann Schwarzenbacher, ZuchtData referierte über den Sinn der Phänotypenerfassung Exterieur in Hinblick auf die Vorhersagegenauigkeit der ZWS. Er brachte die Wichtigkeit der Kombination von weiblichen Genotypen mit Phänotypen anhand von Auswertungen zum Ausdruck. Mittlerweile stammen rund 70 Prozent der Genotypen in der Lernstichprobe von weiblichen Tieren. Durch die Herdentypisierungsprojekte in Deutschland und Österreich sind mittlerweile über 70 Prozent der weiblichen Genotypen mit linearer Beschreibung aus Projekttypisierungen. Erfreulich zu beobachten ist auch die positive Entwicklung der Zahlen in der Routinetypisierung. Als Ausblick brachte Schwarzenbacher Informationen über das geplante Folgeprojekt zu FoKUHs in Österreich und appellierte, Betriebe zur Mitarbeit in den Herdentypisierungsprojekten zu animieren.
ZWS für Klauengesundheit in Vorbereitung
Dr. Christian Fürst, ZuchtData informierte die Teilnehmer über den aktuellen Stand der Entwicklungen einer ZWS für Klauengesundheit. Nicht zuletzt durch die Herdentypisierungsprojekte stehen eine Vielzahl an Phänotypinformationen zur Klauengesundheit zur Verfügung, wobei das Clustern der Daten aufgrund verschiedener Datenquellen eine Herausforderung darstellt. Die wahrscheinlichste Variante wird die Bildung eines Klauengesundheitsindex sein, der sich aus mehreren Einzelmerkmalen zusammensetzen wird. Die Heritabilität dieses Index soll bei rund 5 Prozent liegen. Mit einer Veröffentlichung ist im Jahr 2023 zu rechnen. Das ZWS-Team Deutschland-Österreich arbeitet auch an der Entwicklung eines Zuchtwerts für Stoffwechselstabilität.
Forschung in der Rinderzucht – was bringt die Zukunft?
Dr. Christa Egger-Danner, ZuchtData brachte einen Überblick über die Forschungsprojekte in der Rinderzucht der letzten Jahre und die Erkenntnisse daraus. Digitalisierung und neue Technologien erschließen neue Möglichkeiten und liefern eine Vielzahl von Daten. Weltweit ist ein Trend in der Forschung in Richtung Effizienz klar zu beobachten. Effizienz in der Verwertung von Futter, aber auch Effizienz in Fragen der Umweltwirkung von Rindern. Daten aus AMS, Sensoren und MIR-Spektren der Milch können wertvolle Hilfe in Managementfragen liefern. Forschungsprojekte zu Effizienz und Umweltwirkung sind in Österreich für 2023 geplant.
Bewertungsergebnisse werden am Tier analysiert
Jeder Bewerter erhielt sein individuelles Bewertungsergebnis mit Bezug auf den Mittelwert aller Bewerter ausgehändigt. Im Praxisteil am zweiten Tag bestand die Möglichkeit, diese Ergebnisse an den neun Jungkühen im Stall der LFS Otterbach im Eigenstudium zu analysieren und mit den Chefbewertern von LfL und Fleckvieh Austria zu diskutieren. Hier wurde besonders auf die Bereiche Maßerfassung, Problemmerkmale und Mängelerfassung hingewiesen und die Ergebnisse auch in Kleingruppen diskutiert. Die Auswertungen sollen auch als Basis für weiterführende, interne Schulungen der Bewerterinnen und Bewerter auf Verbandsebene dienen.
Stierpräsentation an der OÖ. Besamungsstation in Hohenzell
Ein Highlight der diesjährigen Exteriurbewerterschulung war mit Sicherheit die Stierpräsentation an der OÖ. Besamungsstation in Hohenzell. Geschäftsführer Dr. Josef Miesenberger stellte den Teilnehmenden aktuelle Youngstars wie WIRBELWIND P*S, SEBALDUS und MAHINDRA Pp sowie auch töchtergeprüfte Topvererber wie WEISSENSEE vor. Er informierte über Überlegungen zu und Systeme des Ankaufs von Jungstieren durch die Station. Der neue Geschäftsführer Matthias Wieneroither nutzte die Möglichkeit sich vorzustellen.
Die Präsentation von aktueller Fleckvieh-Topgenetik an der OÖ. Besamungsstation in Hohenzell bereicherte das Programm der Exterieurbewerterschulung
Die Organisatoren und Vortragenden freuen sich über eine fachlich gelungene Veranstaltung
Weiterbildung auf hohem Niveau
In der abschließenden Zusammenfassung teilten ASR, LfL und Fleckvieh Austria in Person von Dr. Johann Ertl, Bernhard Luntz und Ing. Reinhard Pfleger die Meinung, dass die Exterieurbewerterschulung 2022 an der LFS Otterbach ein hervorragendes Niveau in der Qualität der Weiterbildung der Beurteiler erreicht hat. Die gewonnenen Erkenntnisse sollten somit wesentlich zur weiteren qualitativen Verbesserung und Vereinheitlichung von Bewertungen über Gebietsgrenzen hinweg beitragen. Ein herzlicher Dank ergeht an alle Referenten von LfL und ZuchtData für ihre interessanten Beiträge. Besonderer Dank gilt dem FIH, dem Team der LFS Otterbach und der OÖ. Besamungsstation GmbH. für die Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung und die erwiesene Gastfreundschaft.
Autor: Reinhard Pfleger, Fleckvieh Austria