Auch gut funktionierende Systeme erfordern nach einer gewissen Zeit eine Überprüfung. Nachdem FleckScore bereits vor zwölf Jahren eingeführt wurde, war es 2023 das Ziel, die Zusammenhänge zwischen den Merkmalsausprägungen und der Nutzungsdauer erneut unter die Lupe zu nehmen. Dazu wurden 200.000 Kühe der Geburtsjahrgänge 2006 bis 2010 analysiert.
Das erfreuliche ist dabei, dass bei den meisten Merkmalen die Beziehung zur Nutzungsdauer stabil bleibt. Lediglich bei der Sprunggelenksausprägung und bei bestimmten Zitzenkonstellationen werden jetzt Anpassungen notwendig.
Der hintere Strichabstand beeinflusst die Funktionalität beim Melken.
Doppelnutzung ist ein Dogma
Fleckvieh ist bekanntlich eine Zweinutzungsrasse. Das höhere Gewicht, verglichen mit den Milchrassen, muss aber auch auf stabilen Fundamenten getragen werden. Die Fleckvieh-Sprunggelenke sind dabei kräftiger ausgebildet als zum Beispiel bei Holsteins. Das liegt auch an der kräftigeren Knochenstruktur. In der neuen Auswertung hat sich gezeigt, dass Fundamente mit Ausprägung 5, 6 und 7 in ihrer Bedeutung für die Nutzungsdauer bisher eher leicht unterschätzt waren. Extrem trockene Gelenke mit sehr feiner Struktur von Knochen und Sehnen haben hingegen eine leicht negative Beziehung zum anvisierten Zweinutzungstyp. In den Auswertungen hat sich nämlich ergeben, dass Kühe mit Beschreibungsziffer 9, also mit sehr trockenen Sprunggelenken, eher eine geringere Fleischleistung aufweisen. Berechnet man bei diesen Kühen das Körpergewicht (nach Schätzformel), so sind diese deutlich leichter als Kühe mit der jetzigen Optimalziffer 7. Ebenso besteht bei solchen Kühen auch eine leicht negative Beziehung zur gewünschten Sprunggelenkswinkelung. Zwar sind sehr trockene Sprunggelenke per se vorteilhaft, aber die Zusammenhänge zur Doppelnutzung in der Population sind ein wichtiges Kriterium.
Die geänderte Berechnung der Fundamentnote, aufgrund des neuen Optimums, führt nur in Extremfällen zu größeren Veränderungen um bis zu 4 Punkten. Über 85 Prozent der bisher vergebenen Fundamentnoten bleiben unverändert oder unterscheiden sich nur um einen Punkt.
Die Entwicklung beim Euter beachten
Dass die Fleckvieheuter einen enormen Zuchtfortschritt zu verzeichnen haben, steht sicher außer Zweifel. Im Laufe der letzten Jahre sind dabei aber auch nachteilige Veränderungen festzustellen. Die Zitzen rücken weiter nach innen und sind, wenn auch nur sehr langsam, kürzer und dünner geworden. Schon jetzt preisen Stationen ihre Bullen an, wenn diese kräftigere Zitzen vererben.
Um dem entgegenzuwirken, ist bei Ziffer 2 für Strichlänge oder Strichdicke eine Begrenzung der Euternote hinterlegt. Vor zwei Jahren wurde zusätzlich der Mangel: „hintere Striche kurz“ eingeführt. Jetzt wird mit einer weiteren Maßnahme den feineren Zitzen Rechnung getragen. Bei Ziffer drei für Strichdicke/Strichlänge wird jeweils ein Punkt von der Euternote abgezogen. Also im Höchstfall zwei Punkte. Dies sind zwar auf den ersten Blick eher kleinere Änderungen; diese Anpassungen sind aufgrund der aktuellen Populationsanalyse aber gerechtfertigt und tragen dazu bei, eine weitere Entwicklung in Richtung kurze und dünne Striche zu verhindern.
Bei den hinteren Zitzen ist die Tendenz zu einer engeren Platzierung ein aktuelles Thema. Stehen dann noch die Zitzen nach innen, kommt es zu Störungen beim Melken. Als Extremfall können dabei sich überkreuzende Striche angesehen werden. Das stellt insbesondere AMS-Betriebe vor Probleme. Die Gruppe der europäischen Chefbewerter hat deshalb entschieden, dass bei einer Strichplatzierung von 8 beziehungsweise 9 und einer deutlich nach innen zeigenden Strichstellung ein Punktabzug bei der Euternote vorgenommen wird (siehe Tabelle). Grundlage für diese Anpassung war ein halbjähriger Praxisversuch, durchgeführt von den Nachzuchtbewertern aus Bayern und Baden-Württemberg. Bei über 22.000 Kühen wurde der hintere Zitzenabstand am Strichkanal gemessen. Die Distanz wurde mit den Beschreibungsziffern in Beziehung gesetzt. Wenn bei bestimmten Ziffernkombinationen Abstände unter zwei Zentimeter zu erwarten sind, wird jetzt bei der Euternote eine Anpassung eingebaut (siehe Tabellen 1 und 2). Bisher wurde dieser Aspekt zu wenig berücksichtigt. Denn auch bei sehr ungünstiger Merkmalskombination konnten Kühe noch relativ hohe Euternoten bekommen.
Tab. 1: Anpassungen der Euternote bei Kombinationen Strichplatzierung/Strichstellung
Tab. 2: Abstand Strichkanal in cm bei Ziffern für Strichplatzierung/Strichstellung
Insgesamt werden die Neuerungen auch künftig einerseits den Zuchtfortschritt beim Exterieur gewährleisten und die Funktionalität in den Fleckviehherden noch weiter verbessern. Andererseits erfordern die moderaten Anpassungen keine Umstellungen in der Zuchtwertschätzung.
Autor: Bernhard Luntz, Dr. Dieter Krogmeier, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft