Die südliche Steiermark zeichnet sich einerseits durch das milde Klima und andererseits durch ihre landschaftliche Schönheit aus. Ein harmonisches Wechselspiel aus Weingärten, Äckern, Wiesen und Weiden sowie Wäldern prägen das Landschaftsbild.
Mutterkuhteilherde auf einer Pachtfläche des Betriebes Schwimmer.
Die Gemeinde Gamlitz im Grenzgebiet zu Slowenien ist über die Grenzen der Steiermark hinaus bekannt als Ort des qualitätsvollen Weinbaues und als beliebte Urlaubsdestination. Sanfte Hügel prägen den landschaftlichen Charakter. Die Südhänge werden vorrangig für den Weinbau genutzt und die nicht bewaldeten Nordhänge, die aufgrund der Steilheit nicht ackerbaulich nutzbar sind, werden als Wiesen und Weiden bewirtschaftet.
Südsteirisches Hügelland
Der Klapotetz, ein Teil des Landschaftsbildes in der Südsteiermark
Im Ortsteil Grubtal befindet sich der land- und forstwirtschaftliche Betrieb der Familie Schwimmer. Der im Nebenerwerb geführte Familienbetrieb beeindruckt durch die vielfältige Bewirtschaftung. In Summe werden 51,5 Hektar bewirtschaftet. Die genutzte Fläche verteilt sich auf 7 Hektar Forstwirtschaft, 12 Hektar Ackerland, 30 Hektar Wiesen und Weiden sowie 2,5 Hektar Weingarten. Die kultivierten Rebsorten sind Welschriesling, Sauvignon, Chardonnay, Muskateller, Weißburgunder und Sämling. Die geernteten Trauben werden nicht am Betrieb weiterverarbeitet, sondern an den Großhandel verkauft.
Familie Schwimmer, von links: Opa, Sohn Julian, Renate und Betriebsleiter Johann
Luzerne – „Königin der Futterpflanzen“
Am Ackerland wird eine viergliedrige Fruchtfolge umgesetzt. Die Fruchtfolgeglieder sind Winterweizen, Körnermais, Ölkürbis und Luzerne. Die Luzerne als „Königin der Futterpflanzen“ liefert eine wertvolle Grundlage für die Fütterung der Rinderherde in den Wintermonaten. Sogar im Jahr 2024 mit den sehr niederschlagsarmen Monaten Juli und August sind laut dem Betriebsleiter vier ertragreiche Nutzungen möglich. Darüber hinaus wird die Luzerne als Vorfrucht in der Fruchtfolge sehr geschätzt. Der durch die Knöllchenbakterien in den Ernterückständen gespeicherte Stickstoff ermöglicht in der Folgekultur sehr gute Erträge ohne mineralische Düngung.
Erfahrung mit Fleischrinderrassen gesammelt
Der Vater von Johann Schwimmer hatte in seiner Zeit als aktiver Betriebsleiter Milchkühe im Stall stehen. Auf Grund von arbeitswirtschaftlichen Überlegungen wurde die Milchviehhaltung eingestellt. Danach wurde der Futteraufwuchs des vorhandenen Grünlandes für einige Jahre als Heu konserviert. Jedoch waren die Erlöse aus dem Heuverkauf nicht zufriedenstellend.
So entschloss sich Hans Schwimmer im Jahr 2003 wieder mit der Rinderhaltung zu beginnen. Er stieg in die Mutterkuhhaltung mit dem Zukauf von einigen Rindern der Rassen Limousin und Weißblaue Belgier ein. Es konnten wertvolle Erfahrungen sowie die Vor- und Nachteile dieser Rassen gesammelt werden. Das Enthornen der Kälber während der Weideperiode verursachte zusätzliche Arbeit und Komplikationen. Dies weckte das Interesse an der Haltung von genetisch hornlosen Rindern.
Einstieg in die Rinderzucht
2011 kaufte der Betriebsleiter von einem Zuchtbetrieb in Kärnten zwei genetisch hornlose Fleckviehmutterkühe. Gleichzeitig erfolgte der Beitritt zum Rinderzuchtverband Steiermark. Einerseits durch konsequente Zuchtarbeit am eigenen Betrieb und andererseits durch den Zukauf von vier genetisch hornlosen Kalbinnen aus einem anderen Zuchtbetrieb wurde mittlerweile eine sehenswerte Mutterkuhherde von 19 Mutterkühen aufgebaut. Vorrangig während der Wintermonate in der Stallhaltungsperiode wird die künstliche Besamung genutzt, um eine größere genetische Vielfalt zu erreichen. Während der Weideperiode sorgt aus Gründen der Arbeitswirtschaft ein Deckstier für Nachkommen in der Mutterkuhherde.
Mutterkuh LOTTE Pp (Vater Samson PP, Muttervater Steinadler PP), Vater des Kalbes Deckstier EMIL Pp
Mutterkuh mit Kalb am Betrieb Schwimmer
Der aktuelle Deckstier am Betrieb Schwimmer, HENRY PP
Die über die künstliche Besamung in den letzten Jahren eingesetzten Vererber waren POKER, TELSTAR, APOSTLE, BRUNO, TURBO TOMMY und JAGUAR. Unter den im Jahr 2024 geborenen Kälbern befindet sich ein sehr schön entwickeltes Stierkalb des Vererbers JAGUAR PP. JAGUAR PP trägt Gene aus der irischen und der deutschen Fleckviehzucht.
Die zuletzt eingesetzten Deckstiere für den Natursprung waren der genetisch hornlose OVAHIMBA-Sohn ORKAN Pp und der mischerbig hornlose EFFATA-Sohn EMIL Pp. Der aktuelle Deckstier ist der homozygot hornlose HEIM PP-Sohn HENRY PP. Aufgrund der Abstammung von HENRY PP sind bei den Nachkommen gute Mast- und Schlachtleistungen, gute Fruchtbarkeit, sehr gute Euterformen und gute Klauenqualitäten zu erwarten. Durch die Einstufung als homozygot hornlos sind sämtliche Nachkommen von HENRY PP genetisch hornlos.
Männlicher JAGUAR PP-Nachkomme
Züchterischer Schwerpunkt im Bereich Fitness
Als wichtige Zuchtziele nennt der Betriebsleiter die Zucht auf problemlose, robuste und widerstandsfähige Mutterkühe mit vitalen gut verkaufsfähigen Nachkommen. Damit sich der Arbeitsaufwand in einem Betrieb mit Nebenerwerb in Grenzen hält, legt Hans Schwimmer großen Wert auf die Fitnessmerkale. Er hebt diesbezüglich problemloses Abkalbeverhalten, hochsitzende Euter, Mastitisresistenz, Fruchtbarkeit sowie Klauengesundheit hervor. Darüber hinaus werden Rinder mit ruhigem Charakter bevorzugt. Dies erleichtert wesentlich die Betreuung der Rinderherde. Da die Weiden auf mehreren Standorten verteilt sind, ist der Transport der Weidetiere sowie der direkte Wechsel von Weidekoppeln mit ruhigeren Tieren wesentlich problemloser.
Die Abkalbungen am Betrieb Schwimmer sind grundsätzlich auf das ganze Jahr verteilt, aber mit einem Schwerpunkt in den Monaten Juli bis September.
Während der Weideperiode befinden sich sämtliche Rinder auf der Weide. In sehr stark ausgeprägten Trockenperioden findet eine Zufütterung mit Grassilage oder Heu auf der Weide statt. Mineralfutter wird auf der Weide in Form von Leckmassen angeboten.
Pflege und Düngung des Grünlandes
Um gute Grünlanderträge abzusichern und ein qualitätsvolles Futter den Weidetieren anzubieten, schenkt der Betriebsleiter der Düngung und der Pflege des Grünlandes große Aufmerksamkeit. Am Grünland wird nur gut verrotteter Stallmist entweder im Spätherbst oder möglichst bald nach Ablauf des Düngerverbotes Ende Februar ausgebracht. Auf jenen Grünlandbereichen, die an Waldbeständen angrenzen und eine Vermoosung zeigen, wird mit kohlensaurem Kalk gedüngt. Zusätzlicher mineralischer Dünger wird am Grünland nicht eingesetzt. Nach Abtrocknen des Grünlandes im Frühjahr findet die Zerkleinerung des Wirtschaftsdüngers und das Einebnen von Maulwurfshügeln mit Hilfe einer Wiesenegge statt.
Um ein Ausbreiten von unerwünschten Pflanzen wie Ampfer, Brennnesseln oder Wilde Brombeere zu vermeiden, kommt bei Bedarf der Traktor samt Mulcher zum Einsatz. Gelegentlich wird auch eine Einzelpflanzenbekämpfung mit einem Pflanzenschutzmittel durchgeführt. Bei lückiger Grasnarbe wird nachgesät.
Tierwohl steht im Vordergrund
In der Winterfütterungsperiode steht ein geräumiger Zweiflächenlaufstall zur Verfügung. Dem Fressbereich schließt sich ein reichlich mit Stroh eingestreuter Liegebereich an. Das benötigte Stroh stammt aus dem betriebseigenen Ackerbau. Ein zusätzlicher Strohzukauf ist nicht erforderlich. Den Kälbern steht noch ein Kälberschlupf zur Verfügung, in dem zusätzliches Futter angeboten wird.
Die Winterfutterration besteht vorrangig aus Luzernesilage und Grassilage in Form von Rundballen. Nach dem Mähen erfolgt ein stärkeres Anwelken, damit höhere Trockensubstanzgehalte erzielt werden. Hans Schwimmer bezeichnet dieses Futter als Gärheu und er erzielt damit nach seiner Beobachtung eine festere Kotkonsistenz bei seinen Rindern, damit er den Strohbedarf während der Wintermonate niedriger hält. Den laktierenden Mutterkühen wird ca. 0,5 bis 1 kg Weizenschrot gemischt mit Mineralfutter per Hand verabreicht. Durch den Weizenschrot wird die Energiebilanz der Ration verbessert, wodurch bessere Ergebnisse in der künstlichen Besamung erwartet werden können.
Um Probleme mit Endo- und Ektoparasiten zu vermeiden, werden sämtliche Jungrinder und Kälber vor Weideaustrieb mit einem Aufgusspräparat behandelt. Klauenpflege erfolgt nur bei Bedarf.
Herde unter Leistungsprüfung
Als Zuchtbetrieb in der Mutterkuhhaltung unterliegt die Herde der Leistungsprüfung. Der Geburtsverlauf und das Geburtsgewicht werden vom Betriebsleiter erfasst. Die Gewichte der Kälber zwischen dem 90. und 280. Lebenstag sowie zwischen dem 281. und 500. Lebenstag werden im Zuge der Frühjahrs- und Herbstwiegung unter Anwesenheit eines Mitarbeiters des Landeskontrollverbandes ermittelt. Aufgrund dieser Daten können dann die standardisierten 200-Tage- und 365-Tagegewichte der Nachkommen errechnet werden. Diese Datenerfassung bildet auch die Grundlage für die Schätzung von Zuchtwerten.
Der Verkauf seiner Zucht- und Nutztiere erfolgt ab Hof. Je nach Nachfrage bietet Hans Schwimmer Deckstiere und Kalbinnen zur Bestandesergänzung an. Die restlichen Jungrinder vermarktet er als Einsteller zur Rindermast.
Der Familie Schwimmer und ihren Rindern wird seitens der Einwohner in Gamlitz inzwischen große Wertschätzung entgegengebracht. Durch die Weidehaltung der Rinder wird ein großer Beitrag zur Pflege und Offenhaltung der wertvollen Kulturlandschaft geleistet. Dies ist umso mehr hervorzuheben, weil es inzwischen in Gamlitz nur mehr drei rinderhaltende Betriebe gibt.
Steile Grünlandflächen, bewirtschaftet von Familie Schwimmer in Gamlitz mit Mutterkühen