Im Rahmen der Generalversammlung in Schwaz wurde die erste Funktionsperiode abgeschlossen und die Rinderzucht Tirol für die nächsten fünf Jahre aufgestellt. Insgesamt fanden 27 Züchterversammlungen auf regionaler und Delegiertenebene bis hin zur Generalversammlung in den letzten 10 Wochen mit rund 2.500 Besuchern statt. Bei der Generalversammlung fanden schlussendlich die Wahlen des Aufsichtsrates (AR) statt. Dabei wurde AR-Vorsitzender Kaspar Ehammer, stellvertretender Vorsitzender Thomas Schweigl und die zwölf weiteren Aufsichtsräte Johannes Neuner, Martin Kapeller, Hannes Partl, Martin Garzaner, Hans Pittl, Jakob Prantl, Helmut Lang, Alois Huber, Hansjörg Landmann, Viktor Pischl, Josef Hechenberger und Christian Preßlaber einstimmig gewählt. Höhepunkt neben dem Referat von Dr. Simone Steiner zum Thema Tiertransporte waren zudem die Ehrungen verdienter Funktionäre und Züchterinnen und Züchter der Golden-Girl-Lebensleistungskühe.
Familie Hintner aus Langkampfen wurde mit dem Lebensleistungsaward der Rinderzucht Austria in Bronze ausgezeichnet für über 10 Golden Girls.
Der neue gewählte Aufsichtsrat
2018 fand die Zusammenführung der Tiroler Rinderzuchtverbände statt. Damit entstand die größte Rinderzuchtorganisation Österreichs. Wie Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler in seinen Grußworten anführte, war diese Entscheidung richtig und zukunftweisend. 6.258 (-37) aktive Zuchtbetriebe werden mit 60.738 (-137) Kühen betreut. Insgesamt betreut man 23 Rinderrassen züchterisch. Besonders stolz ist man auch auf die 1.490 Mitglieder in den 10 Jungzüchtervereinen. Sehr positiv gestalteten sich die Preise auf den Versteigerungen im vergangenen Jahr. Durchwegs gab es 2022 in allen Verkaufskategorien sehr gute Preiszuwächse, je nach Kategorie einige hundert Euro. Bei den Kühen und Kalbinnen konnten – wie noch nie dagewesen – Durchschnittspreise von über 2.000 Euro netto erlöst werden. Insgesamt wurden 6.290 Tiere versteigert. Einer der wichtigsten und größten Bereiche in der Rinderzucht Tirol eGen ist die Schlacht- und Nutzviehvermarktung mit den Qualitätsfleischprogrammen. Insgesamt wurden 19.100 (+6 %) Rinder vermarktet. Die Vermarktung von Qualitätsfleisch gewinnt immer mehr an Bedeutung in der strategischen Ausrichtung der Rinderzucht Tirol. Großes Augenmerk wird dabei auf die Kälberproblematik gelegt, wo es Ziel sein muss, die Exportzahlen zu verringern und die heimische Wertschöpfung zu steigern. In der geschäftlichen Entwicklung gab es bedingt durch die Preissteigerungen einen Umsatzzuwachs von 10 Prozent. Mit einer Bilanzsumme von über 26 Millionen Euro konnte man trotz Corona und Teuerung ein positives Ergebnis erwirtschaften. Große Anstrengungen setzt man in die Digitalisierung, um Kundenservice zu bieten und Kostenstruktur zu optimieren. Die vor einem Jahr gestartete Rinderzucht App nutzen bereits über 3.000 Betriebe.
Strategie 2028
Wie AR-Vorsitzender Kaspar Ehammer anführte, stellen die aktuellen Entwicklungen große zukünftige Herausforderungen dar. So fand im vergangenen Jahr ein Strukturprozess statt mit dem Ziel der strategischen Ausrichtung bis 2028.
Ein erster wesentlicher Schritt ist dabei die Verkleinerung des hauptamtlichen Vorstandes auf nur mehr zwei Personen und der Neuaufstellung der Bereichs- und Zuchtleitungsebene.
Parallel dazu läuft bereits die Änderung der bisher geschichtlich bedingten funktionalen Organisationsstruktur zu einer teamorganisierten Organisationsstruktur mit klaren Aufgabenstellungen und Zuständigkeiten. Für eine positive Unternehmensentwicklung ist ein rassenübergreifendes wie auch bereichsübergreifendes Denken und Handeln notwendig.
Die Bereichs- und Zuchtleiter in der neuen Strukturreform. Erstmalig ist mit Martina Schönhuber auch eine Frau Bereichsleiterin; v. l. n. r.: Reinhard Winkler, Christian Moser, Christian Straif, Martina Schönhuber, Sandro Gstrein, Josef Thanner, Christian Ruetz und Michael Wurzrainer.
Tiertransporte „Zahlen, Fakten und Erfahrungen“
Im Hauptreferat des Abends präsentierte Dr. Simone Steiner von der Rinderzucht Austria interessante Zahlen, Fakten und praktische Erfahrungen zu Tiertransporten. Dieses Thema beschäftigt unsere Branche schon seit Jahren und bringt große Herausforderungen mit sich. Steiners Hauptinteressensgebiet ist der Tierschutz beim Transport. In den letzten Jahren hat sie durch die Begleitung von Transporten nach Spanien, Italien, Aserbaidschan, die Türkei und Algerien zeigen können, dass die Transporte österreichischer Rinder entsprechend den gesetzlichen Vorgaben und im Sinne des Tierschutzes durchgeführt werden. Generell gibt es zwei Brennpunkte in dieser Diskussion mit Kälber- und Zuchtviehexport auf langen Strecken. Rund 40.000 Kälber werden jährlich exportiert, davon stammen fast 50 Prozent aus den drei westlichen Bundesländern. Exportländer sind Italien mit 40 Prozent, Polen mit 30 Prozent, Spanien mit 25 Prozent und 5 Prozent in andere Länder. Besonders der Spanienexport stand dabei im Fokus der medialen Berichterstattung bedingt durch die Exporte in Drittländer wie beispielsweise dem Libanon.
Beim Zuchtvieh werden jährlich ungefähr 25.000 Tiere exportiert. Die Hauptexportländer sind im vorder- und zentralasiatischen Raum zu finden. Aktuell zugelegt hat auch der Markt in Algerien. Damit entfallen auf diese Zieldestinationen rund 50 Prozent der österreichischen Zuchtrindexporte. Insgesamt werden über 60.000 Rinder jährlich von Österreich exportiert. Der Export ist damit ein wichtiger Standpfeiler der österreichischen Rinderwirtschaft.
Auf ihren vielen Reisen in die Zielländer der österreichischen Exportrinder konnte Simone Steiner sehr viel Material sammeln, wo gezeigt wird, dass die Transporte österreichischer Rinder entsprechend den gesetzlichen Vorgaben und im Sinne des Tierschutzes durchgeführt und diese auch streng kontrolliert werden. In den letzten Jahren fanden Verbesserungen statt und viele Kritikpunkte wurden ausgeräumt. Österreich hat in der EU mittlerweile ein positives Feedback in der Abwicklung von Tiertransporten. Damit dient man bereits als Vorbild beim Gesetzgebungsprozess. Ihren Vortrag schloss Steiner mit dem Satz ab, dass sie ihre Tätigkeit auch nur dann machen kann, wenn sie ihr Tun gut mit ihrem Gewissen vereinen kann. Tiertransporte sind anstrengend für Tiere. Trotzdem kann man sie nicht automatisch mit Tierleid assoziieren. Der Tierwohlpakt verbunden mit Kalbfleischstrategie soll zudem auch die heimische Wertschöpfung steigern. Besonders beim Projekt Kalb Rosé gäbe es noch Luft nach oben. Ziel muss es sein, die Tiertransporte gesellschaftlich verträglich durchzuführen, gleichzeitig aber auch die heimische Produktion zu stärken.
So gab es auch anschließend an die Generalversammlung eine Bewirtung von Evi Wahrstätter mit regionalen Produkten ausgewiesen in der freiwilligen Herkunftskennzeichnung wie beispielsweise Edelbrater mit Tiroler Kalbfleisch „Qualität Tirol“.
Autor: Christian Moser, Rinderzucht Tirol
Fotos: Christian Ruetz, Rinderzucht Tirol