Zellzahlerhöhungen sind auf jedem Betrieb ein Thema. Auch beim besten Management kann es von Zeit zu Zeit vorkommen, dass einzelne oder mehrere Kühe an einer Mastitis erkranken. Erfahren Sie in diesem Beitrag mehr über die große Gruppe der Koagulase-negativen Staphylococcen.
Die Mastitiserregerfamilie Staphylococcaceae unterteilt man in zwei Gruppen:
- Koagulase-positive Staphylococcen, insbesondere Staphylococcus aureus, und
- Koagulase-negative Staphylococcen, vielfach abgekürzt mit KNS
Die Zitzen müssen vor der Probenahme sehr gut zu desinfiziert werden; LK NÖ/ Franz Groissmayer
Koagulase-negative Staphylococcen (KNS) wurden lange Zeit als einheitliche Gruppe, die subklinische oder milde Euterentzündungen verursachen konnten, gesehen. Erst in den letzten Jahren konnten dank verbesserter Methodik differenzierte Einsichten gewonnen werden.
Am häufigsten werden S. chromogenes, S. xylosus, S. haemolyticus und S. waneri aus den Milchproben isoliert. Weitere Vertreter sind: S. cohnii, S. epidermidis, S. equorum, S. gallinarum, S. hominis, S. hyicus, S. kloosii, S. lentus, S. pseudintermedius, S. saprophyticus, S. sciuri, S. simulans, S. vitulinis. Da die Differenzierung sehr aufwendig ist, weisen manche Milchlabore nicht den konkreten Bakterienstamm aus, sondern schreiben nur „KNS“ auf den Befund. Es gibt aber durchaus Unterschiede, wie krankmachend die einzelnen Bakterienarten sind, da sie unterschiedliche Schutzmechanismen besitzen, sich gegen die Immunabwehr der Kuh zu schützen. Während beispielsweise S. chromogenes häufig Euterentzündungen bei Kalbinnen und Jungkühen verursacht, ist S. simulans oft als Mastitiserreger bei älteren Kühen zu finden.
Vorkommen und Verbreitung
Die Erreger kommen natürlicherweise auf der gesunden Euterhaut, Haut und Schleimhaut, aber auch in der Umwelt vor. Die Verbreitung erfolgt vor allem von der Haut in den Strichkanal. Eine besondere Gefährdung besteht für Tiere mit einer schlechten Zitzenkondition, Zitzenverletzungen oder Vorschädigungen der Schleimhaut des Euters. Stress und Störungen des Immunsystems können das Auftreten von Infektionen durch KNS beeinflussen. Bei Kalbinnen mit Weidegang wurden weniger KNS-Mastitiden festgestellt. Eine starke Fliegenbelastung hingegen führt zu vermehrten KNS-Infektionen.
Infektion und Behandlung
Die Infektionen verlaufen meist subklinisch mit Zellzahlerhöhung und ohne Sekretveränderungen und zeigen hohe Selbstheilungstendenzen. Nur sehr selten treten klinische Mastitiden mit Schwellungen, Milchveränderungen und Schmerzen auf. Es kommt fast immer zu einer Verringerung der Milchmenge und der Milchzuckergehalt sinkt. Bei Bestandsproblemen ist besonderes Augenmerk auf die Melkarbeit und die Melktechnik sowie auf eine glatte und geschmeidige Zitzenhaut zu legen. KNS sind empfindlich gegenüber handelsüblichen Desinfektionsmitteln, deshalb ist bei Bestandsproblemen eine Zitzendesinfektion vor und nach dem Melken sinnvoll.
Da bei einer bakteriologischen Milchuntersuchung auch Erreger nachgewiesen werden können, die bei der Probennahme von der Zitzenhaut in das Probenröhrchen gelangen, ist es extrem wichtig, die Zitzen vor der Probenahme sehr gut zu desinfizieren. Nur dann ist sichergestellt, dass die nachgewiesenen Erreger tatsächlich mit der Milch ausgeschieden werden, sich also im Euter vermehren und dort eine Entzündung verursachen. Durch KNS verursachte Euterentzündungen zeigen hohe Selbstheilungstendenzen (bis zu 75 Prozent) und führen in der Regel nicht zu bleibenden Schäden im Euter. Auch deshalb ist das Vorgehen bei einem KNS-Befund unbedingt mit dem Betreuungstierarzt abzuklären. Wenn eine Behandlung notwendig ist, sollte diese nur nach Antibiogramm bevorzugt zum Trockenstellen erfolgen, da die einzelnen KNS-Spezies unterschiedliche Antibiotikaresistenzen haben können.
Auszug aus dem Artikel „Mastitiserreger im Detail, Teil 4 : Koagulase-negative Staphylococcen“ von DI Romana Schneider, MSc, BEd, LK NÖ; Fleckvieh-Austria-Magazin 5/2021