Die Wertschöpfungskette Milch ist von vielfältigen Herausforderungen betroffen. Dazu gehören der Klimawandel, der nachhaltige Umgang mit natürlichen Ressourcen, nationale und internationale Verflechtungen in globalisierten Lieferketten sowie die gesellschaftlichen Forderungen nach höheren Tierschutzstandards, geringen Umweltwirkungen und preisgünstigen Produkten.
Wesentlich für die Resilienz und zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Sektors ist eine weitere Verbesserung der Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit inkludiert eine effiziente Nutzung von Ressourcen bei geringen Umweltwirkungen. Die ökonomische Nachhaltigkeit, sprich die Wirtschaftlichkeit, ist ebenso wesentlicher Bestandteil wie auch die soziale Nachhaltigkeit mit entsprechenden Rahmenbedingungen für Mensch und Tier.
Wo steht die Landwirtschaft in Österreich?
Der Klimawandel wirkt sich bereits jetzt auf die Rinderhaltung aus: zum Beispiel durch Auswirkungen auf die Leistung und das Tierwohl durch Hitzestress oder durch verringerte und wechselnde Futtergrundlagen. Wenn es nicht gelingt, die erforderlichen Emissionssenkungen zu erreichen, wird erwartet, dass die durchschnittlichen Temperaturen in Österreich bis zum Jahr 2100 um 5°C ansteigen werden (ZAMG, 2021). In Österreich sind diese, mit einem Anstieg von 2°C, bereits stärker gestiegen als in anderen Ländern weltweit. Über verschiedene politische Maßnahmen (EU Green Deal, Farm to Fork Strategie, Pariser Klimaziele …) soll in der EU bis 2050 Klimaneutralität erreicht werden. Bis 2030 sollen die Emissionen gegenüber von 1990 um 55 Prozent reduziert werden.
In Österreich war der Agrarsektor im Jahr 2020 für etwa 10,8 Prozent der direkten Treibhausgasemissionen (CO2-eq) verantwortlich, was einem Rückgang um 16,3 Prozent seit 1990 entspricht (Umweltbundesamt, 2022) . Etwa die Hälfte der landwirtschaftlichen CO2-eq kann dem Verdauungsprozess von Wiederkäuern zugeschrieben werden (UBA, 2023).
Abb. 1: Anteil der Sektoren an den Treibhausgas-Emissionen 2020 (inklusive Emissionshandel) und Änderung der Emissionen zwischen 1990 und 2020 (Umweltbundesamt, 2022)
Was macht die Rinderzucht AUSTRIA?
Für den gesamten Rindersektor (Milchkühe und alle anderen Rinder) ist der CO2-eq in Österreich seit 1990 um etwa 15 Prozent gesunken (Hörtenhuber et al., 2022). Durch Fortschritte in der Genetik und ein verbessertes Betriebsmanagement konnte die Lebensleistung der österreichischen Milchkühe in den letzten 10 Jahren um etwa 10.000 kg gesteigert werden, mit einer Verdoppelung zwischen 1980 und 2020 (Fürst et al., 2022). Die Verringerung des Milchviehbestands und die Steigerung der Effizienz haben in den letzten 30 Jahren zu einer Verringerung der CO2-eq um etwa 40 Prozent pro Kilo erzeugtem Rohprotein beigetragen (Hörtenhuber et al., 2023). Die österreichische Milcherzeugung zählt zu den klimafreundlichsten weltweit (Leip et al. 2010). Die GVO-freie Erzeugung und der hohe Anteil an hofeigenen Futtermitteln sind wichtige Beiträge dazu.
Abb. 2: Schematische Entwicklung der Zuchtwertschätzungen bzw. ab 1998 des Gesamtzuchtwerts beim Fleckvieh in Österreich (ab 2010 ZWS für Gesundheitsmerkmale, die seit 2013 über FRW und EGW in den GZW eingehen, Fürst et al., 2022)
Nachhaltige Zuchtziele seit 25 Jahren
Im Bereich der Genetik wurden die Zuchtziele von der alleinigen Selektion auf Milchleistung seit 1995 auf nachhaltige Zuchtziele erweitert (siehe Abbildung 2). Die Zuchtwertschätzung für Nutzungsdauer wurde vor fast 30 Jahren eingeführt, der ökonomischen Gesamtzuchtwert im Jahre 1998. Seit damals wurde das Zuchtziel kontinuierlich um weitere für Effizienz, Tiergesundheit und Wirtschaftlichkeit wesentliche Merkmale erweitert. Dadurch ist es gelungen, die Milchleistung kontinuierlich zu verbessern, aber auch die Fleischleistung und die Gesundheit zu stabilisieren bzw. sogar leicht zu verbessern. Züchterische Verbesserungen von Zielmerkmalen wie zum Beispiel der Tiergesundheit sind nur möglich, wenn auch entsprechende Daten (Phänotypen) vorliegen. Die Erhebung der tierärztlichen Diagnosen (Gesundheitsmonitoring Rind (GMON)) seit 2006 oder die Erhebung der Klauenbefunde (Klauen-Q-Wohl) sind Voraussetzungen dazu.
Rinderzucht AUSTRIA am Puls der Zeit
Die Rinderzucht AUSTRIA ist bei der Forschung am Puls der Zeit und arbeitet an den bestmöglichen Methoden in der Zuchtwertschätzung und bei den Zuchtprogrammen, um den Zuchtfortschritt und den wirtschaftlichen Erfolg für die Betriebe zu verbessern. Der Aufbau einer genomischen Zuchtwertschätzung mit Einführung 2011 und der Single-Step-ZWS 2021 mit Herdentypisierung (Projekte FoKUHs, FoKUHs Herde) waren und sind wesentliche Maßnahmen, um die Nachhaltigkeit der Rinderwirtschaft zu steigern und indirekt auch die Umweltwirkung zur reduzieren. Werkzeuge zur Optimierung der Anpaarung (OptiBull) sind wertvolle Hilfestellungen bei der Umsetzung. Die Projekte Klauen-Q-Wohl, D4Dairy und FoKUHs legten wertvolle Grundlagen für die züchterische Verbesserung der Tiergesundheit mit Fokus auf Klauengesundheit und Stoffwechsel. Das inkludiert die Analyse der Klauenpflegedaten, KetoMIR und anderen MIR-Schätzer für die züchterische Nutzung als auch Forschung an Sensordaten für die Vorhersage von Gesundheitsstörungen. Aktuell wird an der Entwicklung der Routine-Zuchtwertschätzung für Klauengesundheit gearbeitet.
Herdenmanagement und Nachhaltigkeit
Der wirtschaftliche und nachhaltige Erfolg wird auch wesentlich vom Herdenmanagement beeinflusst. Ansatzpunkte sind Verbesserungen der Effizienz durch weniger Ausfälle und Tiergesundheitsstörungen als auch bessere Leistungen, verbesserte Nutzung der Ressourcen in der Fütterung sowie generell das Betriebsmanagement.
Die Rinderzucht AUSTRIA unterstützt die Betriebe durch verschiedene Weiterentwicklungen und Dienstleistungen. Die Milchleistungsprüfung wurde und wird kontinuierlich um viele weitere Services für die Optimierung des Herdenmanagements erweitert (LKV-Herdenmanager, LKV-Mobil-App, Klauenprofi, KetoMIR, Futterrationsprogramm, Effizienz-Check …). Die Chancen der Digitalisierung, laufende Erweiterungen der Datenvernetzungen (Automatische Melksysteme, Sensoren, Labore …) und die Generierung von Mehrwert aus der Zusammenführung der Daten sind weitere Hilfestellungen. Verschiedene nationale und internationale Projekte und Initiativen wie zum Beispiel D4Dairy, leisten einen wertvollen Beitrag, damit die Vorteile der neuen Technologien bestmöglich genutzt werden können.
(Auszug aus dem Artikel „Nachhaltigkeit und Umweltwirkung – wWelche Maßnahmen setzt die Rinderzucht AUSTRIA?“ von Dr. Christa Egger-Danner, ZuchtData; Fleckvieh Austria Magazin 3/23)