Der ehemalige Direktor der Landwirtschaftlichen Fachschule Warth ist am 11. Jänner 2021 im 93. Lebensjahr verstorben. Wir trauern um einen großen Pionier und Mentor der modernen Rinderzucht und zugleich leidenschaftlichen Fleckviehzüchter. Wie kaum ein anderer verstand er es, Theorie und Praxis zu verknüpfen, war Wissenschaftler, Lehrer und praktischer Tierzüchter am „Versuchsgut“ Aichhof.
Ganze Generationen von Landwirten im südöstlichen Landesviertel Niederösterreichs profitierten von seiner Arbeit – er gestaltete die tierzüchterische Infrastruktur wesentlich mit und war für viele seiner ehemaligen Schüler wie ein privater Berater, der immer wieder gerne deren Höfe besuchte.
„Professor Raganitsch“ wie er oft im Kreis der österreichischen Fleckviehzüchter genannt wurde und wird, hat aber nicht nur durch sein enormes Fachwissen, das er bis zuletzt weitergeben konnte und durch sein gutes Gefühl beim Einschätzen neuer Entwicklungen, sondern auch durch seine stets ruhige und sympathische Art zahlreiche Freunde, die jetzt um ihn trauern.
Gerhard Raganitsch war Absolvent der Universität für Bodenkultur der Fakultät Landwirtschaft in Wien. Die berufliche Laufbahn startete er als Adjunkt bei der Schönborn-Buchheimischen Forst- und Güterdirektion in NÖ. Ab 1954 Lehrer an den Landwirtschaftlichen Fachschulen Pyhra, Tulln, Retz und Obersiebenbrunn. Ab 1956 Lehrer an der LFS Warth. Von 1970 bis 1985 Lehrbeauftragter für Methodik zur Tierzucht am Bundesseminar für das landwirtschaftliche Bildungswesen in Wien Ober St. Veit. Ab 1965 Geschäftsführer der Rinderzuchtgenossenschaft Neunkirchen/Gloggnitz.
Von 1985 bis 1988 war er als Direktor maßgeblich für den Um- und Zubau der Fachschule Warth verantwortlich. Auch die Umstellung des Unterrichtsbetriebes von der Winterschule auf die ganzjährige Schulform fiel in seine Amtszeit. Als Fachbuchautor verfasste Raganitsch das Standardwerk „Das österreichische Fleckvieh und seine Genetik“ und er war Mitautor der Schulbücher „Grundlagen der Nutztierhaltung“ und „Spezielle Nutztierhaltung“.
Ein früher Meilenstein seines Wirkens war die Organisation der vierwöchigen Ausstellung zur Milchviehfütterung und Kalbinnenaufzucht an der LFS Warth im Jahr 1972, die 1.500 Personen besuchten. Auch an den ersten regionalen Rinderfütterungskursen ab 1975 und am ersten Kälbermarkt in Gleissenfeld 1977 war er federführend beteiligt. Raganitsch leitete zahlreiche Lehrfahrten sowie Exkursionen und baute ein Netzwerk für die Rinderzucht mit Kontakten im In- und Ausland auf.
Auszeichnungen: Oberstudienrat, Goldenes Ehrenzeichen des Landes NÖ und Goldene Kammermedaille. Gerhard Raganitsch war verheiratet und hinterlässt seine Frau Elisabeth, drei Kinder, acht Enkelkinder und neun Urenkel.
Am Freitag, dem 11. Juni 2021, um 14.30 Uhr wird in der Pfarrkirche Scheiblingkirchen eine Gedenkmesse gefeiert.