Die Kälber-/Rindergrippe verursacht besonders unter schlechten Haltungsbedingungen und nach der Zusammenstellung von Gruppen unterschiedlicher Herkunft – angefangen von Leistungsminderungen bis hin zu Todesfällen – große wirtschaftliche Schäden und ist einer der Haupttreiber des Antibiotikaeinsatzes beim Rind.
Neben viralen und bakteriellen Erregern sind Umweltfaktoren wie Tierzukauf aus mehreren Betrieben, Stallklimafaktoren (Zugluft, Schadgase, Hitze, Staub, Feuchtigkeit), Stress (Transporte, hohe Belegdichte) oder eine Mangelfütterung für einen Ausbruch verantwortlich.
Gute Haltungsbedingungen lassen Kälber weniger anfällig für Krankheiten werden; Foto: Kalcher
Typische Symptome
Erkrankte Tiere zeigen die typischen Symptome wie Fressunlust, erhöhte Temperatur, Nasenausfluss, Bauch- und Maulatmung usw. in drei Phasen:
- In der ersten Phase der Infektion befallen Viren die Atemwege und führen zu leichten Schäden an der Schleimhautoberfläche, die mit einem Anstieg der Temperatur verbunden sind (Fieber). Tiere mit guter Immunitätslage und Betreuung können dabei wieder gesunden, wenn man rasch handelt.
- Anderenfalls versucht der Organismus daraufhin, durch Verkrampfung der Atemwege und erhöhter Schleimbildung die Schleimhaut zu schützen und das tiefere Eindringen der Keime durch Husten abzuwehren.
- Kommen auf die geschädigte Atemschleimhaut noch Bakterien hinzu, kommt es zu schweren Lungenentzündungen, die in der Folge bis zum Tod durch Ersticken führen können.
Therapeutischer Ansatz
Der therapeutische Ansatz muss deshalb entzündungshemmend, schmerzlindernd, schleimlösend und antibakteriell erfolgen, um dieser allergischen Überreaktion des Körpers rasch zu begegnen:
- Entzündungshemmende Arzneimittel verhindern die Bildung von Entzündungsfaktoren, senken die Temperatur und lindern die Schmerzen.
- Krampflösende Mittel lösen die verkrampften und schmerzhaften Atemwege und Schleimmittel verhindern eine überbordende Schleimproduktion.
- Bei Mitbeteiligung von Bakterien müssen zusätzlich Antibiotika eingesetzt werden, einige können auch die virale Entzündungsreaktion positiv beeinflussen, das heißt durch Immunmodulation vermindern.
Nur mit dieser rasch einsetzenden, mehrstufigen Therapie kann die weitere Entstehung entzündlicher Stoffe im Körper eingeschränkt werden. Ist der allgemeine Zustand des Tieres geschwächt, empfiehlt sich eine ergänzende, symptomatisch stärkende Allgemeintherapie. Um einen bestmöglichen und raschen Therapieerfolg sicherzustellen, müssen betroffene Tiere in einen Krankenstall verbracht werden, wo sie ausreichend Ruhe und gute Haltungsbedingungen bei bestem Stallklima vorfinden und auch direkt betreut werden können. Sind mehrere Tiere einer Gruppe gefährdet, empfiehlt sich die metaphylaktische Mitbehandlung auch der noch gesund erscheinenden Artgenossen.
Verantwortungsvolles Gesundheitsmanagement
Die Rindergrippe ist eine Faktorenkrankheit, die besonders dann auftritt, wenn die Immunität des Tieres geschwächt ist, die Umweltbedingungen sich verschlechtern und der Keimdruck wächst. Eine wirksame Prophylaxe ist nur mit begleitenden Maßnahmen zur Verbesserung der Haltung, des Stallklimas, des Managements und der Immunität möglich, da eine direkt ursächliche Virustherapie nicht möglich ist. Nur durch ein betriebsspezifisches präventives Diagnostik- und Impfprogramm können einerseits die Herdengesundheit verbessert, andererseits Verluste und Medikamenteneinsatz wirksam minimiert werden. Die Impfung bereits im Herkunftsbetrieb, vor dem Tierverkauf über einen Markt oder direkt beim Mäster macht Sinn und entspricht einem modernen, verantwortungsvollen Gesundheitsmanagement.
Auszug aus dem Artikel „Die Rindergrippe ist eine beherrschbare Faktorenkrankheit!“ von Dr. Karl Bauer, Geschäftsführer TGD Steiermark; Fleckvieh-Austria-Magazin 5/2021