Rinderzucht Austria-Seminar 2025

30 Jahre Nutzungsdauer in der Rinderzucht

Das diesjährige RINDERZUCHT AUSTRIA-Seminar widmete sich der Nutzungsdauer. Diese wurde genau vor dreißig Jahren Teil der routinemäßigen Zuchtwertschätzung. Damit begann auch die Entwicklung neuer Merkmale für die Rinderzucht. Kurz darauf wurden Milch- und Fitnessmerkmale gemeinsam im wirtschaftlichen Gesamtzuchtwert berücksichtigt und der Grundstein für weitere Merkmale im Zuchtziel gelegt. Österreich war weltweit jenes Land, das die routinemäßige Zuchtwertschätzung für die funktionale Nutzungsdauer als erster einführte.

Erfolgskonzept mit Nachhaltigkeit

RINDERZUCHT AUSTRIA-Obmann Sebastian Auernig freute sich über die Teilnahme zahlreicher Fachleute. „Das zeigt das große Interesse an spannenden Entwicklungen, wissenschaftlichen Fortschritten und an der Weiterentwicklung unserer heimischen Rinderzucht. Gerade weil die Landwirtschaft und im Besonderen die Rinderzucht tief in Traditionen verwurzelt ist, ist es umso wichtiger, dass wir uns aktiv mit der Zukunft auseinandersetzen. Mit Stolz können wir auf die damalige Entscheidung zurückblicken, die Nutzungsdauer in die Zuchtwertschätzung aufzunehmen. Aber vor allem auch darauf, dass wir es geschafft haben, über die Jahre hinweg die praktische Rinderzucht mit der Wissenschaft und Forschung erfolgreich zu vernetzen und weiterzuentwickeln. Ich bin überzeugt, dass diese Zuchtentscheidungen nicht nur den praktizierenden Landwirten und Landwirtinnen ökonomische Vorteile gebracht haben, sondern auch mit bemerkenswertem Weitblick in Richtung Tierwohl gedacht wurden. Hätten wir diese Eigenschaften damals nicht entwickelt, müssten wir sie heute erfinden.“

RZA Seminar 2025 - Sebastian Auernig

RINDERZUCHT AUSTRIA-Obmann Sebastian Auernig konnte zahlreiche Experten und Expertinnen zum RINDERZUCHT AUSTRIA-Seminar 2025 zum Thema „30 Jahre Nutzungsdauer in der Rinderzucht“ begrüßen.

Nutzungsdauer steht auch für Tierwohl und Tiergesundheit

Die Verbesserung der Tiergesundheit und des Tierwohls ist genau jener Weg, den die österreichische Rinderzucht vor drei Jahrzehnten eingeschlagen und damit den Grundstein einer nachhaltigen Rinderzucht gelegt hat. Krankheitsbedingte Leistungseinbußen und vorzeitige Abgänge verursachen Tierleid, höhere Aufzuchtkosten kosten Geld und wirken sich indirekt auch auf die Emissionen aus der Rinderhaltung aus. Dieser Merkmalskomplex wurde im Laufe der Jahre sowohl in der Datenerfassung als auch methodisch im Rahmen verschiedener Projekte und Initiativen weiterentwickelt und weitere Merkmale in den Gesamtzuchtwert aufgenommen.

Nutzungsdauer über die Jahre hinweg stabil

Die Nutzungsdauer der heimischen Kontrollkühe liegt aktuell bei 4,01 Jahren und durch den Anstieg seit dem Jahr 2000 wieder über vier Jahre. In den letzten 20 Jahren hat sich diese um 160 Tage verlängert. Klingt wenig, ist aber in Bezug auf die negative Korrelation zur Verbesserung der Milchleistung doch ein wesentlicher Zuchtfortschritt. Geht man von der natürlichen Lebensdauer einer Kuh aus, so sagt die Wissenschaft in etwa 20 Jahre. Immerhin ist die aktuell älteste Kuh, die noch gemolken wird und unter Leistungsprüfung steht, fast 22 Jahre alt!

Immer mehr Daten zur Verfügung

Im Zeitalter der Genomik ist es auch jetzt noch von Bedeutung, zuverlässige Daten zu erhalten. Mit dem Projekt Gesundheitsmonitoring Rind im Jahr 2006 konnten zusätzlich wertvolle Diagnosedaten von Tierärzten beziehungsweise Beobachtungen von Landwirten in die Zuchtwertschätzung einfließen. Eines der wesentlichen Fundamente der Rinderzucht sind die Klauen und deren Gesundheit mit wesentlichen Auswirkungen auf die Nutzungsdauer. Mit einer breiten Datenerfassung über die App Klauenprofi stehen auch hier wertvolle Informationen für die Zuchtwertschätzung zur Verfügung. Mit der Einführung der Genomischen Zuchtwertschätzung konnte die genetische Verbesserung der Tiergesundheit beschleunigt werden.

Erfolg durch internationale Zusammenarbeit

Die österreichische Rinderzucht arbeitet spätestens seit 2001 im Rahmen des Rinderdatenverbundes RDV und der gemeinsamen Zuchtwertschätzung intensiv mit den internationalen Partnern daran, die züchterische Verbesserung der Nutzungsdauer und anderer Merkmale beziehungsweise der Nachhaltigkeit ständig weiterzuentwickeln. Im Rahmen der gemeinsamen Zuchtwertschätzung werden dabei alle Kühe aus Deutschland und Österreich – beim Fleckvieh auch aus Tschechien, Italien und der Slowakei – einbezogen.

Nutzungsdauer vermindert Treibhausgasemissionen

Unter dem Aspekt einer langen Nutzungsdauer und damit verbunden auch mit einer nachhaltigen Milchproduktion ist dieses Thema vor allem interessant in Bezug auf die Diskussion rund um die Treibhausgas-Emissionen in der Tierproduktion. Und genau hier ist das Rinderland Österreich aufgrund seiner züchterischen und vor allem der topografischen Voraussetzungen die Nummer eins in Europa. Der CO2-Ausstoß je Kilogramm Milch liegt hierzulande etwa ein Viertel unter dem Durchschnitt der Europäischen Union. Genau in diese Richtung arbeitet auch das von der RINDERZUCHT AUSTRIA initiierte Projekt NEU.rind, das aktuell Einzug in die heimische Milchproduktion findet und einen wesentlichen Beitrag zu einer nachhaltigeren Milchproduktion liefern wird. So haben nach ersten Auswertungen die Top Ten der NEU.rind-Betriebe in Bezug auf eine längere Nutzungsdauer einen Rückgang der Treibhausgasemissionen um 36 Prozent pro Hektar beziehungsweise einen Rückgang um 9 Prozent pro Kilogramm energiekorrigierte Milch.

Auswirkungen auf die Praxis

Die Berücksichtigung der Nutzungsdauer im Zuchtziel wirkt sich auch auf die Lebensleistung aus. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Erstmals gibt es mehr als 1.000 neue 100.000 kg-Kühe in Österreich. Der Spruch „Züchten heißt, in Generationen zu denken“ trifft hier besonders zu, denn der Grundstein für außergewöhnliche Kühe wurde bereits vor einigen Jahrzehnten gelegt. Die gesamte Lebensleistung der Kontrollkühe bis zu ihrem Abgang aus den Betrieben betrug in diesem Zeitraum durchschnittlich 33.284 kg Milch – ein Anstieg um 750 kg im Vergleich zum Vorjahr. Die Auswirkungen auf die Praxis sind sehr vielfältig, da es unterschiedlichste Betriebsstrategien gibt. Eine klare Aussage der Fachleute war, dass eine durchschnittliche Nutzungsdauer von mindestens fünf Laktationen angestrebt werden sollte. Daher ist das Konzept der Nutzungsdauer mit den vielen verschiedenen Einflussfaktoren auch dreißig Jahre später nach wie vor noch immer modern. Ein sehr großes Potential liegt vor allem noch in der Optimierung des Managements auf den Betrieben, wie aus den Erfahrungen der Arbeitskreisberatung berichtet wurde.

Seminarunterlage zum Nachlesen www.rinderzucht.at

Die ausführlichen Publikationen der einzelnen Vortragenden erhalten Sie in der Seminarunterlage auf www.rinderzucht.at. Ein Dankeschön an die Referenten und Referentinnen des diesjährigen RINDERZUCHT AUSTRIA-Seminares für die Aufbereitung und Präsentation dieser fachlichen Beiträge: M.Sc. Anna Bieber (FIBL, Schweiz), Dr. Christa Egger-Danner (ZuchtData), Dr. Christian Fürst (ZuchtData), Dr. Marco Horn (LK NÖ), Dr. Stefan Hörtenhuber (BOKU), Dr. Hermann Schwarzenbacher (ZuchtData) und Univ.-Prof. Dr. Johann Sölkner (BOKU).

V.l.: Thomas Schweigl (RINDERZUCHT AUSTRIA-Obmann Stv.), Alfred Haiger (BOKU), Anton Neuhold (Holsteinzüchter), Hermann Schwarzenbacher (ZuchtData), Marco Horn (LK NÖ), Anna Bieber (FIBL), Stefan Hörtenhuber (BOKU), Christa Egger-Danner (ZuchtData), Christian Fürst (ZuchtData), Sebastian Auernig (RINDERZUCHT AUSTRIA-Obmann), Sebastian Langmaier (Betriebsführer LFS Otterbach), Martin Stegfellner (RINDERZUCHT AUSTRIA-GF), Johann Sölkner (BOKU).

V.l.: Thomas Schweigl (RINDERZUCHT AUSTRIA-Obmann Stv.), Alfred Haiger (BOKU), Anton Neuhold (Holsteinzüchter), Hermann Schwarzenbacher (ZuchtData), Marco Horn (LK NÖ), Anna Bieber (FIBL), Stefan Hörtenhuber (BOKU), Christa Egger-Danner (ZuchtData), Christian Fürst (ZuchtData), Sebastian Auernig (RINDERZUCHT AUSTRIA-Obmann), Sebastian Langmaier (Betriebsführer LFS Otterbach), Martin Stegfellner (RINDERZUCHT AUSTRIA-GF), Johann Sölkner (BOKU).

Autor: DI Lukas Kalcher, Rinderzucht Austria; Dr. Christa Egger-Danner, Dr. Christian Fürst, beide ZuchtData

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