Atemwegsprobleme bei Kälbern treten im Winterhalbjahr auf vielen Betrieben gehäuft auf. Die Rindergrippe ist wie viele andere Erkrankungen auch eine Faktorenerkrankung. Große Schuld haben mit Sicherheit der fehlende Luftwechsel im Winter und die Besonderheiten der Rinderlunge. Mit einer Verbesserung der Stallluft kann das Auftreten von Rindergrippe stark gesenkt werden.
Besonderheiten der Rinderlunge
Die Lunge des Rindes wird erst im zweiten Lebensjahr voll ausgebildet. Kälber haben eine recht kleine Lungenkapazität. Die Lunge ist stark verzweigt, mit vielen schmalen Verbindungen. Sind diese zu, wird das Segment nicht mehr durchblutet und stirbt ab. Daher werden Lungenschäden bei Rindern sehr schnell chronisch. Großteils bleiben diese leider unbemerkt. Schäden sind immer irreversibel, es gibt keine Regeneration. Für ein Kalb, das später eine gute Milchkuh werden soll oder in der Mast gute Zunahmen bringen muss, eine denkbar schlechte Voraussetzung. Gerade bei Hitze brauchen Kühe ihr gesamtes Lungenvolumen, da sie durch „Pumpen“ versuchen, ihre erhöhte Körpertemperatur zu senken. Funktioniert dies nicht ausreichend, kann es sogar zum Tod dieser Tiere kommen! Auch mit Einbußen in der Milchmenge muss bei einem lungengeschädigten Tier gerechnet werden. Sie sind anfällig für weitere Infekte und zeigen eine verminderte Fruchtbarkeit.
Welche Stallluftparameter machen Probleme?
Am meisten Probleme machen die Schadgase in der Stallluft. Diese sind Kohlendioxid, Ammoniak und Schwefelwasserstoff. Die Konzentration der Schadgase steigt bei sinkender Luftwechselrate und steigender Temperatur. Sie führen auch in Kombination mit trockener Luft (unter 50 Prozent Luftfeuchtigkeit) zur Reizung der Atemwege. Dies schwächt die Immunabwehr. Der Weg für Sekundärinfektionen ist bereitet. Eine zu hohe Luftfeuchtigkeit, wie im Winter eher üblich, wirkt sich ebenfalls negativ aus. Das Fell der Kälber wird dadurch feucht und sie erkälten sich. Zudem kann feuchte Luft mehr Staub und Schadgase binden. Es führt daher kein Weg an einem ausreichenden Luftwechsel im Kälberstall vorbei.
Kälber sind aber extrem zugluftempfindlich. Luftbewegungen über 0,2 Meter pro Sekunde auf Tierhöhe sind daher zu vermeiden. Somit funktioniert eine natürliche Lüftung im Winter oftmals nicht. Hat man einen Warmstall und öffnet die Fenster, führt dies unweigerlich zu Zugluft. Kalte Luft strömt in den warmen Stall hinein. Lüftet man nicht, steigen mit der Temperatur die Konzentration der Schadgase und die Luftfeuchtigkeit. Dies wiederum reizt die Atemwege.
Schlauchlüftungen (Tubes)
Durch die Umstände kamen vor ein paar Jahren Schlauchlüftungssysteme ins Gespräch. Diese werden in der USA bereits seit Jahren erfolgreich eingesetzt, um in geschlossenen Kälberställen kontinuierlich Frischluft ohne Zugluft einzubringen. Durch den kontrollierten Eintrag von zugluftfreier Frischluft wird die Konzentration an Schadgasen sowie die Keimbelastung massiv verringert. Die Kälbergesundheit verbessert sich dadurch signifikant. Aufgrund der positiven Effekte hat das System den Weg über den großen Teich geschafft und hielt vor ein paar Jahren auch in den ersten Ställen in Österreich Einzug. Die ersten Lösungen, teilweise in Selbstbauweise, waren oft erfolgreich, oft auch nicht. Schnell wurde klar, dass der Selbstbau an Grenzen stößt. Nur wer den Schlaucht wirklich korrekt berechnet, hat Erfolg.
Schlauchlüftungssysteme im Kälberstall
Tubes können Frischluft in Ställe bringen, die ansonsten lüftungstechnisch schwierig sind. In geschlossenen Kälberställen ist es eine große Herausforderung, genügend Frischluft in den Tierbereich zu bekommen, ohne dass Zugluft entsteht. Für diesen Einsatzzweck sind die Tubes geeignet.
Zu beachten gibt es aber:
• Auf einer Höhe von 1,20 m darf nicht mehr als 0,2 Meter pro Sekunde Luftgeschwindigkeit vorhanden sein, sonst hat man unerwünschte Zugluft.
• Die Temperaturdifferenz der Stallinnentemperatur und der Außentemperatur darf nicht höher als 2 Grad Celsius sein. Hat es im Winter 5 Grad plus im Kälberstall und 2 Grad minus draußen, würde der Tube unablässig Kaltluft auf die Kälber blasen. Das muss unbedingt vermieden werden. Gute Steuerung, die genau bei solchen Verhältnissen ausschaltet, ist von Nöten, oder man erwärmt die Frischluft vor dem Einblasen in den Stall. Aktuell arbeiten die Marktführer an Lösungsansätzen für diese Problematik.
(Auszug aus dem Artikel „Schlauchlüftungen im Kälberstall“ von DI Monika Gstöttinger, akad. BT, Rinderberatung der LK OÖ; Fleckvieh Austria Magazin 5/23)