Auf Initiative des Rinderzuchtverbandes Südtirol bot sich für Fleckvieh Austria die Gelegenheit, die österreichische Fleckviehzucht den Züchterkollegen in Südtirol näherzubringen. Geschäftsführer Reinhard Pfleger war als Referent bei zwei großen Gebietsversammlungen geladen. Gleichzeitig wurde die Reise für Betriebsbesuche sowie für einen intensiven Austausch mit den Funktionären und Verantwortungsträgern des Rinderzuchtverbandes genutzt.
Fleckvieh in Südtirol
Erstmals ist Fleckvieh innerhalb des Verbandes die zahlenmäßig am stärksten vertretene Rasse und liegt damit knapp vor Brown Swiss und Holstein. 2024 wurden bei 15.943 Kontrollkühen ein Leistungsabschluss von 7.751 kg Milch bei 4,03 % Fett und 3,42 % Eiweiß erzielt, was einem leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Traditionell legen die Südtiroler Fleckviehzüchter großen Wert auf exterieurstarke Kühe, die gleichzeitig mit hohen Milchinhaltsstoffen punkten. Der Verband ist zudem in der Vermarktung von Zuchtrindern sowie Kälbern und Nutzrindern sehr aktiv. Die Zentrale ist in Bozen angesiedelt, wo auch der Hauptstandort der Vermarktung betrieben wird. Ein weiterer Vermarktungsstandort liegt in St. Lorenzen im Pustertal.
Vertrauen in Genomik stärken – Integration in die gemeinsame ZWS
Die Gebietsversammlungen in Bozen und im Pustertal waren bestens besucht. Nach den Ausführungen von Reinhard Pfleger zum Thema „Fleckvieh – eine Rasse erobert die Rinderwelt“ wurden zahlreiche Parallelen in der Zuchtausrichtung zwischen Österreich und Südtirol sichtbar.
Ein zentrales Ziel des Verbandes ist es, gemeinsam mit dem italienischen Nationalverband ANAPRI die italienische Fleckviehpopulation als Vollmitglied in das gemeinsame D-A-C-Zuchtwertschätzungssystem zu integrieren. Derzeit laufen Anstrengungen, um die notwendigen Phänotypen für Fitness-, Gesundheits- und Fleischleistungsmerkmale flächendeckend in Italien zu erfassen. Parallel dazu ist es das Anliegen der Verantwortungsträger, die Nutzung der genomischen Selektion bei den Züchtern stärker in den züchterischen Alltag zu integrieren.
Das Fleckviehzuchtprogramm wird vom Nationalverband ANAPRI geführt. Die vielversprechendsten Kandidaten des Landes werden zentral in der Aufzuchtstation Fiume Veneto mit rund 250 Prüfplätzen aufgezogen. Diese Station verfügt auch über Einrichtungen zur Erfassung der effektiven Futteraufnahme. Die selektierten Besamungsstiere werden nach abgeschlossener Prüfung vom Nationalverband nach einem festgelegten System auf vier Besamungsstationen verteilt.
Reinhard Pfleger bei seinem Fachvortrag im Haus der Tierzucht in Bozen
Die Verantwortungsträger des Südtiroler Rinderzuchtverbandes freuen sich über die gelungenen Gebietsversammlungen.
Zu Besuch bei Familie Oberleiter im Ahrntal
Beim Besuch des Zuchtbetriebes von Familie Anton Oberleiter in Sand in Taufers konnte eine leistungsstarke Herde in einem komfortabel ausgestatteten Anbindestall besichtigt werden. Die Herde umfasst aktuell 25 Kühe mit einer durchschnittlichen Jahresleistung von rund 8.000 kg Milch. Auffallend war die herausragende Exterieurstärke der Tiere, insbesondere im Euterbereich.
Anton Oberleiter setzt bei der Auswahl seiner Besamungsgenetik gezielt auf Stiere mit bester Euter- und Fundamentqualität, erst danach folgt die Milchleistung als Selektionskriterium. Besonders positiv fielen im Bestand die Nachkommen von MAGIER auf. Aktuell vertraut Oberleiter auf Stiere wie HIMMEL und GS MR MAX Pp*.
Viele Jungkühe aus dem Betrieb werden über die Versteigerungen des Verbandes vermarktet. „Unsere Fleckviehjungkühe müssen im Vergleich mit anderen Rassen konkurrenzfähig bleiben“, betont Anton Oberleiter. Gleichzeitig hebt er die Bedeutung des Schauwesens hervor: „Damit können wir die junge Generation für die Zucht begeistern.“
Im Stall von Familie Oberleiter zeigen sich Kühe mit besonderer Qualität im Euter.
Starke 4.-Kalbskuh (V: Magier) im Stall von Familie Oberleiter
Zu Besuch bei Familie Lamprecht im Eisacktal
Eine der beeindruckendsten Fleckviehherden Südtirols ist am Betrieb von Familie Walter Lamprecht in Mühlbach beheimatet.
Der Hof liegt auf einem Hochplateau auf rund 1.100 m Seehöhe. Die Herde umfasst 50 Kontrollkühe und erzielte im vergangenen Jahr eine beeindruckende Milchleistung von 11.914 kg bei 4,21 % Fett und 3,50 % Eiweiß. Mit 919 kg Fett + Eiweiß stellt Familie Lamprecht damit die leistungsstärkste Fleckviehherde Südtirols. Aktuell stehen sowohl die leistungsstärkste Fleckviehkuh als auch die Kuh mit der höchsten Lebensleistung des Landes in diesem Stall.
Die Kühe werden seit 2020 mit einem Melkroboter gemolken. Die Werte für Eutergesundheit und Fruchtbarkeit bestätigen das ausgezeichnete Herdenmanagement. Rund 70 Prozent der Besamungen erfolgen mit genomischen Jungvererbern, wobei in den letzten Jahren auch verstärkt hornlose Genetik eingesetzt wurde.
Im Jungrinderbestand finden sich Nachkommen von GS DEFACTO und SPARTACUS. Immer wieder werden auch leistungs- und exterieurstarke Jungkühe aus Österreich, vorrangig vom Zuchtrindermarkt in Maishofen, zugekauft.
„Ich weiß, dass die österreichische Fleckviehzucht für euterstarke Kühe steht, daher vertraue ich immer wieder auf eure Genetik“, so Walter Lamprecht. Zuletzt fanden Stiere wie MEGASTAR Pp, HEISS und HARDCORE PP Eingang in den Besamungsplan. Auch exterieurstarke, töchtergeprüfte Vererber wie MCGYVER, MERTEN oder HOCHADEL werden gezielt eingesetzt.
Zur aktuellen Entwicklung in der Fleckviehzucht meint Walter Lamprecht: „Fleckvieh hat sich in Südtirol sehr positiv entwickelt. Künftig sollten wir darauf achten, nicht zu stark auf zu frühreife Typen zu selektieren. Auch das Merkmal Melkverhalten sollten wir gezielt im Auge behalten.“
Familie Lamprecht aus Mühlbach am Eingang des Eisacktales
CORINNA (V: Waldbrand) mit einer Lebensleistung von 143.903 kg Milch am Betrieb Lamprecht
Fazit
In Südtirol betreiben die Züchterfamilien die Fleckviehzucht mit großer Begeisterung und viel Herzblut. Das Ziel einer leistungsstarken, aber gleichzeitig auch „schönen Kuh“, insbesondere was die Merkmale Euter und Fundament betrifft, bietet eine optimale Grundlage für einen intensiven züchterischen Austausch mit Österreich.
Fleckvieh Austria gratuliert den Verantwortungsträgern des Südtiroler Rinderzuchtverbandes und den Fleckviehzüchtern im Land zu den positiven Entwicklungen in Zucht und Vermarktung. Diese Fortschritte sind ein Beleg für konsequente Arbeit und eine vorausschauende Strategie.
Autor: Ing. Reinhard Pfleger, Fleckvieh Austria