In Deutschland hat die Diskussion zur Kombinationshaltung (Alm, Weide und/oder Auslauf mit Anbindehaltung) mittlerweile dramatische Ausmaße angenommen. Diese Entwicklung breitet sich auch immer mehr auf Österreich aus. Aktuell laufen in Österreich auf Hochtouren die Diskussionen mit dem Handel zur zukünftigen Einstufung der Kombinationshaltung nach dem in Deutschland schon gültigen 4-stufigen Tierwohllabel-System als Vorbild, wo die Kombinationshaltung abgestraft wird in Stufe 2. Seit 2022 können Verbraucher in Deutschland die vierstufige Haltungsformkennzeichnung bei Milch und Milchprodukten finden. Grundsätzlich gibt es folgende Ausweisung (genauere Darstellung unter www.haltungsform.de):
- Haltungsform 1 „Stallhaltung“: Stallhaltung (möglichst Laufstallhaltung oder Kombinationshaltung)
- Haltungsform 2 „Stallhaltung Plus“: Laufstallhaltung oder Kombinationshaltung mit Weidegang (mind. 120 Tage) bzw. mit Laufhof oder Bewegungsbucht
- Haltungsform 3 „Außenklima“: Laufstallhaltung mit Laufhof oder Offenfrontlaufstall oder Laufstallhaltung mit Weidegang
- Haltungsform 4 „Premium“: Laufstallhaltung mit Laufhof und Weidegang
Den Aufsichtsratsvorsitzenden der Rinderzucht Tirol Kaspar Ehammer erfüllt diese Entwicklung mit großer Sorge für die Zukunft tausender Familien geführter Betriebe mit Kombinationshaltung. „Mit durchschnittlich 7 Kühen sind sie wichtige Träger des kleinstrukturierten Berggebietes mit ihren Almen. Ohne Übertreibung kann man sagen, dass sie das Rückgrat des Berggebietes mit den Almen darstellen“, so Ehammer. „Umso mehr braucht es für die Betriebe in Kombinationshaltung eine wertschätzende und wirtschaftliche Zukunftsperspektive. Es sollte nicht sein, dass Betriebe mit denen man gerne die Werbung in vielen Prospekten macht, in der Verkaufstheke zu “Buh”-Betrieben abqualifiziert. Ihre Leistung für uns alle ist zu groß und wertvoll, als dass man sie einfach in einer Tierwohlstufe abstraft mit Preisnachteilen im Milchpreis, sie so quasi auf ein Abstellgleis stellt. Für viele der Betriebe ist eine Investition in Stallneu- bzw. -umbau aus wirtschaftlicher Sicht unmöglich und fast schon fahrlässig gegenüber Familie und Hofnachfolger“, so Ehammer.
Vor drei Jahren führte Sandro Gstrein die Tierwohlstudie über die Perspektiven der Kuhhaltung im Berggebiet unter den Aspekten Tierwohl und Halteform durch. Dabei kam klar zum Vorschein, dass wir die Kombinationshaltung für die Bewirtschaftung des Berggebietes mit den Almen brauchen. Ohne Kombinationshaltung ist die flächendeckende Bewirtschaftung unseres Landes nicht mehr möglich. Diese Problematik betrifft in Österreich rund 10.000 Betriebe und ist einfach zu wichtig, als dass man sie einfach in einem Label abstraft. Allein auf den Tiroler Almen stammen 70 % der Kühe aus Kombinationshaltung. Laut der Studie von Gstrein würde ein Ende der Kombinationshaltung großen Einfluss auf die Perspektiven der Milchkuhhaltung in Tirol bringen. 85 % der Kombinationshaltungsbetriebe würden Kuhhaltung bzw. ihren Betrieb auflassen. Ein ähnliches Ergebnis könnte auch passieren, wenn die Kombinationshaltung in der Verkaufstheke auf ein Abstellgleis gestellt wird, so Ehammer abschließend.
Die Kombinationshaltung ist das Rückgrat des Berggebietes mit den Almen und unverzichtbar für die flächendeckende Bewirtschaftung unseres Landes – im Bild Kühe aus Kombinationshaltung am Fuße des Großglockners
Mit durchschnittlich 7 Kühen sind die Familienbetriebe mit Kombinationshaltung wichtige Träger der kleinstrukturierten Berglandwirtschaft mit den Almen – im Bild die Junsalm im Tuxertal auf fast 2.000 Meter Seehöhe.
Ohne Kombinationshaltung ist die flächendeckende Bewirtschaftung unseres Landes nicht mehr möglich.
Autor: Christian Moser, Rinderzucht Tirol
Fotos: Christian Moser, Rinderzucht Tirol