Mit viel Charme, Ehrgeiz und vor allem Know-how unterstützt die 24-jährige Bianca Maron den Fleckviehzuchtbetrieb der Familie Eigelsreiter aus dem malerischen Elsbeerreich der Gemeinde Michelbach in Niederösterreich. Seit sechs Jahren lebt Bianca bei ihrem Partner Franz am Betrieb und gemeinsam versorgen sie die 65-köpfige Milchviehherde von Elfriede und Franz Eigelsreiter.
Bianca Maron, die Quereinsteigerin, die sich sehr erfolgreich zur Herdenmanagerin ausbilden ließ
Getreu dem Motto „Nur gesunde Kühe können gesunde Lebensmittel erzeugen“ ist Bianca um das Wohl der Tiere bemüht und bereit, so einige Mühen und vor allem Weiterbildungen auf sich zu nehmen. Lesen Sie im Folgenden das Interview, das Ing. Gerlinde Berger, Projektmanagerin bei der ZAR, mit Bianca Maron führte.
Berger: Wie wird man von der Quereinsteigerin zur begeisterten Milchviehbäuerin?
Maron: Als Kind durfte ich auf dem Selbstversorgerhof meiner Großeltern „Landluft schnuppern“ und entdeckte die Liebe, aber vor allem meine Leidenschaft für die Landwirtschaft und im Speziellen für die Milchviehzucht. Seit der Grundschule war für mich klar, dass mein weiterer Bildungsweg eng mit der Landwirtschaft verknüpft sein muss. Gesagt, getan. Nach der Landwirtschaftlichen Fachschule Pyhra entschied ich mich, berufsbegleitend die Matura nachzuholen und begann anschließend mein Studium an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik in Wien. Derzeit bin ich an einer Landwirtschaftlichen Fachschule in Niederösterreich als Lehrerin, unter anderem auch für den Bereich Nutztierhaltung tätig.
Berger: Warum hast du dich damals dazu entschieden, die Ausbildung zum Herdenmanager zu machen?
Maron: Das theoretische Wissen war gut und wichtig, aber ich wollte meine Kenntnisse unbedingt in die Praxis umsetzen und deshalb entschied ich mich 2018 den Herdenmanager zu absolvieren.
Berger: Was hast du dir von diesem intensiven praxisorientierten Lehrgang mitgenommen?
Maron: Nach der anfänglichen Skepsis wurde mein Ehrgeiz, meinen Wissensdurst zu stillen, vollends belohnt. Nach dem ersten Modul war ich sofort Feuer und Flamme. Ich durfte mir die Schüttelboxen zur Rationsanalyse über Nacht ausborgen und nahm die einzelnen Bestandteile unserer Grundfutterration genau unter die Lupe. Besonders spannend fand ich das Arbeiten mit dem Stethoskop, die BCS-Beurteilung, die Kotauswaschungen und die weitläufigen sowie unterschiedlichen Themen der Jungviehaufzucht.
Berger: Konntest du von dem Gelernten schon etwas zuhause umsetzen?
Maron: Wie gesagt habe ich sofort nach dem ersten Tag unsere Ration in alle Einzelteile zerlegt und angepasst. Danach ging es weiter in den Kälberstall. Da wir ihn neu bauten, war es für mich besonders interessant, wie es mit der Luftzirkulation aussieht. Mittels Rauchkegel habe ich dies getestet und Gott sei Dank war alles in Ordnung. Kälbergesundheit spielt bei uns eine sehr wichtige Rolle. Ich bin froh, dass ich beim Lehrgang die Möglichkeit hatte, die Geräusche einer kranken Kälberlunge kennenzulernen, seitdem wird dies bei uns am Betrieb durchgeführt.
Weiters haben wir begonnen, bei allen frisch abgekalbten Kühen einen Ketosetest durchzuführen. Die Melkroutine haben wir für unseren Betrieb angepasst, das heißt, wir sprühen jetzt drei Hübe der Zwischendesinfektionslösung in die Melkbecher, damit sicher alles benetzt ist. Gerade im Bereich der Zellzahl hat sich eine Verbesserung gleich sehr stark bemerkbar gemacht. So konnten wir unsere Herdenzellzahl auf durchschnittlich 50.000 Zellen reduzieren.
Elfriede Eigelsreiter bei der Melkarbeit
Ein besonderes Plus für mich als Nutztierhaltungslehrerin ist zusätzlich, dass ich mein gesamtes praktisches Wissen und teilweise die erhaltenen Unterlagen für meinen Unterricht verwenden kann und somit auf dem neuesten Stand der Wissenschaft unterrichte.
Berger: Was würdest du jemanden raten, der noch unentschlossen ist, ob der Kurs das Richtige für ihn/sie ist?
Maron: Ich denke, diese Ausbildung ist für jeden rinderhaltenden Betrieb ein Gewinn. Man beginnt im Rahmen der E-Learning-Aufgaben bei den Basics und arbeitet sich im wahrsten Sinn des Wortes Schritt für Schritt in den speziellen Vertiefungen voran. Der größte Vorteil: Die Tipps und Tricks der Referenten sind manchmal ganz einfach, erleichtern aber die tägliche Praxis und die Arbeit mit den Tieren ungemein.
Berger: Ein Teil der Ausbildung widmet sich dem Bereich der Arbeitsorganisation. Wie handhabt ihr das am Betrieb?
Maron: Bei uns gibt es eine ganz klare Aufteilung nach Zuständigkeitsbereichen, somit weiß jeder, wofür er verantwortlich ist. Gleichzeitig können wir uns darauf verlassen, wenn ich zum Beispiel Hilfe im Melkstand brauche – der zu meinem Aufgabengebiet gehört –, dass ich diese bekomme.
Berger: Ihr habt die Melkroutine seit dem Herdenmanager angepasst. Wie sieht ein normaler Melkvorgang bei euch aus?
Maron: Wir haben einen 2x5er-Fischgrätenmelkstand, das heißt, es ist so eingeteilt, dass eine Person alleine melken kann. Uns ist es besonders wichtig, dass die Kühe ruhig in den Melkstand kommen und wenig bis keinen Kot absetzen, um den Keimdruck so gering wie möglich zu halten. Der Melker muss bei uns lediglich vormelken, die Zitzen putzen und anstecken. Der Rest, sprich das Ausmelken und die Abnahme, erfolgt automatisch. Dippen und Zwischendesinfektion nach dem Melken ist für uns ein absolutes Muss und ich denke, der Erfolg bei der Zellzahl gibt uns recht.
Berger: Du hast die Ration für eure Milchkühe auf Herz und Nieren getestet. Wie stellt sich diese nun zusammen?
Maron: Momentan legen wir unseren Kühen alle 1,5 Tage frisches Futter vor. Diese 1,5 Tage Futtervorlagezeit ergeben sich daraus, dass wir nur Silagerundballen füttern und die Menge dafür genau reicht. Über den Mischwagen füttern wir Grassilage (1. und 2. Schnitt), Maissilage, Stroh, Biertrebersilage, Eiweißfuttermittel, Roggenschrot, Mineralstoffmischung und Futterkalk. Zusätzlich bekommen die Milchkühe je nach Leistung und Bedarf Kraftfutter über den Transponder. Das Jungvieh bekommt eine Mischration aus Grassilage (3. und 4. Schnitt), Stroh, Maissilage und eine Mineralstoffmischung. Gemischt wird das Ganze im 19 m³-Vertikalmischer.
Das Futter wird den rund 65 Fleckviehkühen mit dem Futtermischwagen vorgelegt.
Berger: Dem Bereich Kälber- und Jungviehaufzucht war im Herdenmanager ein großer Block gewidmet. Was habt ihr hier verändert?
Maron: Für uns ist die rasche Kolostrumversorgung nach der Geburt eigentlich das Wichtigste. Danach schauen wird, dass die Kälber in der ersten Lebenswoche nur die Milch ihrer eigenen Mutter trinken. Danach bekommen sie Vollmilch, welche mit Milchaustauscher aufgewertet wird. Vorgelegt wird das ganze mittels Milchtaxi. Heu und Kälber-TMR kann unsere Jugend so viel fressen, wie sie möchte. Die Entwöhnung der Tiere erfolgt dann ca. mit 12 Wochen. Dies klingt für manche vielleicht etwas spät, aber für uns ist es sehr wichtig, dass die Kälber gut fressen, bevor wir die Milch absetzen.
Franz Eigelsreiter jun. kümmert sich um die Kälber
Berger: Worauf achtet ihr bei der Anpaarung?
Maron: Bei uns ist jede Paarung eine gezielte Paarung – nur so können wir die besten Ergebnisse erzielen. Wir sehen uns zuerst die Vorschläge des Anpaarungsplaners an und im Anschluss entscheiden wir dann, ob der Stier die Schwächen der jeweiligen Kuh kompensieren kann. Wir schauen bei der Stierauswahl vor allem auf niedrige Zellzahlen, die Eutervererbung und die Melkbarkeit. Ob der Vererber „nur“ ein genomischer Jungvererber oder ein nachkommengeprüfter Vererber ist, ist für uns Nebensache. Unser Besamungsindex liegt bei 1,7 – darauf sind wir stolz, wissen aber gleichzeitig, dass wir hier noch etwas Potential haben. Um dies zu verbessern, werden wir in Zukunft versuchen, Doppelbesamungen zu vermeiden.
Um uns züchterisch stetig zu verbessern, selektieren wir sehr streng! Eine Kuh, die unsere Erwartungen gerade im Eutergesundheitsbereich nicht erfüllt, hat bei uns kein langes Verweilen.
Berger: Seid ihr auch auf Rinderschauen vertreten?
Maron: Vereinzelt stellen wir unsere Kühe bei Rinderschauen aus. Jedoch ist es uns wichtig, dass sie vor Ort gut betreut werden und vor allem, dass sie wieder gesund in den Stall zurückkehren. Es erfüllt uns mit Stolz, wenn wir an einer Schau teilnehmen dürfen.
Schauerfolge:
SORBEE – 10 Jahre Genostar in Traboch
SORBETA – Bezirksschau St. Pölten
LEGO – Gruppendritte bei der Bundes-FV-Schau in Rotholz
GS RUMGO-Tochter LEGO auf der Bundesfleckviehschau in Rotholz 2013 (Foto: Holzhammer)
Berger: Wo und wie vermarktet ihr eure Tiere?
Maron: Die männlichen Kälber werden ausschließlich 14-tägig über den Kälbermarkt in der Berglandhalle vermarktet. Stiermast ist für uns aufgrund der betrieblichen Lage im reinen Grünlandgebiet keine Option. Grundsätzlich werden bei uns alle weiblichen Tiere aufgezogen und die Selektion erfolgt meist erst zu Beginn der ersten Laktation. Vereinzelt vermarkten wir unsere Erstlingskühe über die Versteigerung in Bergland oder für den Export in Drittländer, wie Polen.
Berger: Wir halten die Rasse Fleckvieh, weil …
Maron: sie zu unserem Betrieb am besten passt und bereits seit Generationen Tradition hat. Fleckvieh ist aufgrund der Doppelnutzungseigenschaften ideal für unsere Strukturen und eine gute Vermarktung, egal ob weiblich oder männlich, ist stets möglich.
Berger: Die perfekte Kuh für unseren Betrieb ist…
Maron: eine langlebige Kuh, die eine überdurchschnittliche Milchleistung aufweist und diese auch während der Laktation anhält, jedes Jahr ein vitales Kalb zur Welt bringt und selbst gesund ist.
Berger: Ihr seid ein top organisierter Familienbetrieb, was sind eure Zukunftsvisionen?
Maron: Für uns ist eine tierfreundliche Haltung wichtig. Zu bedenken möchte ich allerdings geben, dass das Tierwohl, wie es vom Konsumenten gesehen wird, nicht immer dem Wohlfühlfaktor der Tiere entspricht. Wir werden uns in Zukunft mehr Gedanken über die Arbeitsabläufe machen, denn diese müssen so gestaltet sein, dass sie einfach von der Hand gehen und nicht unnötig kompliziert sind.
Ein gesamtes Controlling über den Betrieb, vor allem im Zusammenspiel zwischen Gesundheitsmanagement, Ökonomie und der tierärztlichen Bestandesbetreuung ist für uns unerlässlich. Wir sind froh, dass wir zu unserem Betreuungstierarzt ein hervorragendes Vertrauensverhältnis haben und wir uns auf ihn verlassen können. Dies ist mitunter ein wesentlicher Beitrag für die Gesunderhaltung unserer Herde, denn nur gesunde Kühe produzieren gesunde Lebensmittel!
Der Betrieb Eigelsreiter liegt auf einer Seehöhe von 520 m in Michelbach in Niederösterreich.
Betriebsdaten
Lage:
520 m Seehöhe
800 mm durchschnittlicher Niederschlag
118 Berghöfekatasterpunke
Arbeitskräfte am Betrieb: 3,5
Franz (54 Jahre) und Elfriede (46 Jahre) Eigelsreiter, Franz Eigelsreiter jun. (26 Jahre) und Bianca Maron (24 Jahre). Weiters leben am Betrieb Franz (86 Jahre) und Ludmilla (84 Jahre) Eigelsreiter.
Betriebsgröße:
55 ha Grünland, davon 28 ha Eigen- und 27 ha Pachtfläche, 42 ha Wald
Viehbestand:
ca. 65 Milchkühe
ca. 75 weibliche Rinder für die Nachzucht
Kennzahlen:
Ø Lebensleistung: 25.000 kg Milch
Ø Zellzahl: 50.000
Erstkalbealter: 30 Monate
Leistungsdaten:
Autorin: Ing. Gerlinde Berger, ZAR