Die diesjährige Generalversammlung der ZAR wurde coronabedingt von April auf den 2. Juli 2020 verschoben, Veranstaltungsort war der Heffterhof in Salzburg. ZAR-Obmann Stefan Lindner zeigte in seinem Bericht die aktuellen Schwierigkeiten der Verbände in der Vermarktung von Zucht- und Nutzrindern auf.
Mit der Ausarbeitung von strengen Verhaltensregeln in enger Abstimmung mit dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) und dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wurde es möglich, Versteigerungen und die Vermarktung über Sammelstellen, im Speziellen für die Nutztiervermarktung, auch weiterhin unter hohen Hygieneauflagen durchführen zu können. Dasselbe galt für die Durchführung der Leistungsprüfung, die zwar rund ein Monat ausgesetzt wurde, aber ebenfalls wieder Ende April aufgenommen werden konnte. Dafür gilt ein Dank an die beiden Ministerien für die sehr konstruktive Zusammenarbeit. Die für die Rinderbranche so wichtige Vermarktung und die Leistungskontrollen wurden damit im Sicherheitsmodus durchgeführt. Bei den derzeit laufenden Expertengruppen zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ist die ZAR mit DI Martin Stegfellner in der Gruppe Grünland und Tierschutz vertreten. Im Zuchtrinderexport soll zukünftig stärkeres Augenmerk auf Bildungsmaßnahmen für internationale Kunden gelegt werden. Um diesen Bereich abzudecken, verstärkt Hannah Lichtenwagner, MA, seit Anfang Juli das Bildungsteam. Tiertransporte, insbesondere auch Zuchtrinderexporte, stehen in den letzten Monaten im Fokus der Tierschützer. In zahlreichen Medien wurde darüber sehr einseitig berichtet. Aufgrund dieser aktuellen Thematik richtete die ZAR eine Arbeitsgruppe mit Experten aus dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK), dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT), der Landwirtschaftskammer Österreich (LK Ö), der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) sowie aus Vertretern der Amtstierärzte ein.
Mediale Jagd auf Tiertransporte
DI Martin Stegfellner präsentierte in seinem Geschäftsbericht eine ausgeglichene Bilanz. Der Umzug des gesamten Haus der Tierzucht ging aufgrund der sehr guten Zusammenarbeit und der detaillierten Planung reibungslos über die Bühne. Die Rassen-ARGE FLEISCHRINDER AUSTRIA wurde erfolgreich in die ZAR integriert. Der seit März 2019 bestehende Arbeitsbereich für veterinäre Angelegenheiten erwies sich im Nachhinein gesehen notwendiger denn je. Zahlreiche positive Akzente mit der Begleitung eines Kälbertransportes nach Spanien und eines Zuchtrinderexportes nach Aserbaidschan sowie Klarstellungen im Bereich Tiertransport konnten dadurch aufbereitet werden.
Digitale Werkzeuge im Fokus
Die Situation rund um Covid 19 verstärkte den Wunsch der Mitglieder, österreichweit eine Online-Vermarktungsplattform sowie eine Möglichkeit für internationale Zuchttierkäufer, Tiere online zu selektieren, anzubieten. In diesem Zusammenhang ist es auch geplant, eine Datenbank für die Vermarktung von Biotieren aufzubauen und somit auch der Umsetzung der EU-Bioverordnung, die Anfang 2021 umgesetzt werden muss, gerecht zu werden. Im Zuge dessen steht auch die Neuausrichtung der Homepage der ZAR/ZuchtData auf der Agenda, um diese an die modernen Anforderungen anzupassen. Die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten bei den Projekten D4Dairy und FoKUHs laufen auf Hochtouren, die Bildungsprojekte Jungzüchterprofi und Herdenmanager werden im kommenden Jahr neu durchstarten. Die Projekte Klauen-Q-Wohl, Effizienz-Check und das Projekt „Elektronisches Medikamentenbuch – EMED“ zur Verbesserung der Tiergesundheit und Lebensmittelsicherheit durch Dokumentationserleichterung und Managementhilfe für Landwirt und Tierarzt konnten erfolgreich abgeschlossen werden. Die Ergebnisse können sich sehen lassen Es stehen die App „Klauenprofi“ zur elektronischen Dokumentation der Behandlungen und Diagnosen im Zuge der Klauenpflege sowie eine Webanwendung zur Optimierung der Effizienz und Tiergesundheit im Milchviehbetrieb zur Verfügung. Über die App EMED-mobil wurde ein Tool zur elektronischen Dokumentation der Arzneimittelanwendung und -abgabe geschaffen. Diese kann die herkömmlichen schriftlichen Belege und Aufzeichnungen ersetzen.
Einstimmiger Beschluss zur verpflichtenden Herkunftskennzeichnung
Der letzte Tagesordnungspunkt stand im Zeichen der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung. Obmann Lindner stellte die Forderung zu einer „lückenlosen, verbindlichen Herkunftskennzeichnung auf dem Teller“ sowie die Forderung einer „politischen und finanziellen Unterstützung von Qualitätsprogrammen, insbesondere für Kalbfleisch“, zur Abstimmung. Diese wurde von allen Delegierten einstimmig angenommen. „Die vergangenen Wochen haben uns gezeigt, wie wichtig die heimische Produktion und regionale Versorgungssicherheit von Lebensmitteln ist. Unabhängig davon, ob die Grenzen offen oder geschlossen sind. Für die ZAR als österreichische Dachorganisation mit 46 Mitgliedsorganisationen sowie 22.000 Milch- und Fleischrinderzuchtbetrieben ist klar, dass eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung auf dem Teller ein wesentlicher Schlüssel dafür ist, um den zunehmenden Austausch der heimischen Produktion durch billige Importlebensmittel zu verhindern. Stammten vor zehn Jahren noch zwei Drittel des in Österreich verzehrten Kalbfleisches aus heimischer Produktion, so ist es heute nur mehr ein Drittel. Mit der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung auf dem Teller gibt man den Konsumentinnen und Konsumenten als auch den Bäuerinnen und Bauern eine faire Chance in der Auswahl der Lebensmittel und der Entscheidung über die Entwicklung der zukünftigen Versorgungssicherheit. Unsere bäuerlichen Betriebe erzeugen nicht nur hochwertige Lebensmittel, sie sorgen auch für die Bewirtschaftung der heimischen Kulturlandschaft. Diese wiederum ist die Basis für den erfolgreichen österreichischen Tourismus und gleichzeitig ein wichtiger Bestandteil der Erholungsfunktion für die Gesellschaft“, so Lindner.
Landwirtschaft muss sachlich und transparent kommunizieren
Höhepunkt der Generalversammlung war der Vortrag des bekannten Kommunikations- und Politikberaters Stefan A. Sengl, der Ansätze zum Umgang mit der massiven öffentlichen Kritik an den Tiertransporten aufzeigte: Sengl erklärte die Strategie der Medien und Tierschutzorganisationen. „Konflikte bedeuten Klicks, und das ist einer Tierschutzorganisation mit dem Video ‚Tiertransport von Österreich in den Libanon‘ sehr gut gelungen. Schließlich wurde dieser zweieinhalbminütige Clip zum meistgeteilten im deutschsprachigen Raum. Einerseits polarisiert dieses Thema und erhöht damit auch die Aufmerksamkeit, andererseits schwindet das Bewusstsein und das Verständnis für die Landwirtschaft in der Bevölkerung. Sengl plädiert für einen offenen Dialog mit den Dialogwilligen. Das langfristige Ziel muss sein, den Tiertransport gesellschaftlich zu legitimieren. Dazu müssen die Abläufe immer wieder gezeigt und die Bedeutung der Zuchtrinderexporte für die heimischen LandwirtInnen, aber auch für die internationalen KäuferInnen gezeigt werden. Hierbei sei Geduld und Ausdauer gefragt. Der große Vorteil der heimischen Bauern und Bäuerinnen ist aber, dass ihr Berufsbild in der Öffentlichkeit emotional immer noch sehr positiv besetzt ist und ein hohes Vertrauen genießt.