„Dass wir als Quereinsteiger in die Branche gekommen sind, war sicher kein Nachteil“, sind sich Erna und Norbert Luschnig aus Obdach in der Steiermark einig. Norbert war Zimmermeister, Erna gelernte Gärtnerin. „Der offene Zugang zu den Themen ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Betriebsentwicklung“.
Die Familie Luschnig zeichnet sich dadurch aus, dass aufgrund von Erkenntnissen sofort Strategien für den Betrieb entwickelt und dann konsequent umgesetzt werden.
Familie Luschnig mit der Genetik der Zukunft: Lukas mit HERZSCHLAG BEANIE (gGZW 143, MW 134, FIT 115), Laura mit MAHANGO MASTERMIND Pp (gGZW 138, MW 130, FIT 122)
Neuorientierung nach Betriebsübernahme
Das Ehepaar Erna und Norbert Luschnig hat den Betrieb vulgo Sturmer 2003 von Ernas Eltern übernommen. Der Betrieb wurde gleich darauf auf intensive Milchwirtschaft umgestellt und unter Leistungsprüfung gestellt. Die Ochsenproduktion im Rahmen des ALMO-Programmes wurde zu einem weiteren Standbein des Betriebes. Der erste Leistungsabschluss lag bei 3.921 kg Milch. „In dieser Phase war es schwierig, überhaupt kompetente Futtermittellieferanten zu bekommen, die beim vorhandenen Leistungsniveau die neue Betriebsstrategie ernst nahmen.“ Mit DI Klaus Pirker wurde dieser aber gefunden und eine sehr gute Zusammenarbeit entstand. Auch einige sehr gute Betriebsführer aus der Umgebung unterstützten die Familie.
Ziele setzen und konsequent handeln
Man setzte sich nach Betriebsübernahme mit der Milchproduktion intensiv auseinander und durchleuchtete ab 2004 im Arbeitskreis Milch die betriebswirtschaftlichen Kenndaten des Betriebes. Einer der ersten Schritte war nach entsprechenden Bodenanalysen eine umfassende Sanierung der Grünlandbestände. „Das war die wichtigste Grundlage für die Entwicklung der Milchwirtschaft“, sagt Norbert Luschnig. Bereits vier Jahre nach Aufnahme der Leistungsprüfung stieg die Leistung in der Herde auf ein 9.000er-Niveau. Wesentlicher Teil der einsetzenden Erfolge war die Aufnahme eines Bestandesbetreuungsverhältnisses mit dem Tierarzt Dr. Walter Peinhopf und seinem Team. 2006 wurde das Stallgebäude kostengünstig umgebaut und ein Zubau errichtet – die Umstellung auf Laufstallhaltung war ein logischer weiterer Schritt.
Betriebsausrichtung auf Rinderzucht
Anfänglich wurde das Ziel, den Betrieb auf die Rinderzucht aufzubauen, von Berufskollegen belächelt. 2004 machte Norbert die Eigenbestandsbesamerausbildung, was der erste Einstieg in die Rinderzucht war. 2003 wurde letztmalig noch ein Natursprungstier angekauft, ein LOTARRY-Sohn, auf den heute die zentrale B-Linie der Herde zurückgeht. Der zweite erfolgreiche Kuhstamm, die „F-Linie“, geht auf einen Zukauf als trächtige Kalbin zurück. Die Zuchtstrategie war von Anfang an, die genetisch wertvollsten und leistungsstärksten Tiere so früh wie möglich mit den leistungsstärksten Stieren zu nutzen. Es wird bei ausreichendem Wuchs bereits ab elf Monaten belegt. Je leistungsstärker die Kühe sind, desto früher werden sie belegt.
Intensive Zucht – kurzes Generationsintervall
Sobald sich die ersten züchterischen Ergebnisse einstellten, startete man am Betrieb Luschnig zur besseren Nutzung bester weiblicher Genetik mit dem Embryotransfer. Das erste Jungrind wurde im Alter von elf Monaten gespült und im Nachhinein gesehen war es eine der erfolgreichsten Spülungen, obwohl aus diesem ET nur ein Kalb resultierte. Das war das zu diesem Zeitpunkt zuchtwertstärkste Kalb Österreichs (MASSIMILIANO x HUMPERT x RUMGO). Dieses Kalb wurde dann wieder mit 12 Monaten über ET genutzt und aus diesem Transfer sind nun zwei der europaweit genetisch interessantesten Kälber (V.: Herzschlag) in den Kälberiglus der Luschnig-Herde. Dem Züchter ist die genetische Überlegenheit in der Leistung besonders wichtig. Mit einem WERTVOLL-Stierkalb aus dem B-Stamm steht eines der MW-stärksten männlichen Tiere im Betrieb. Nicht weniger als 17 Tiere im Stall von Luschnig haben einen Gesamtzuchtwert (gGZW) über 125.
Embryotransfer hat zentrale Bedeutung
Den Embryotransfer sieht Luschnig auch als wichtiges Instrument für die erfolgreiche züchterische Nutzung von wertvollen Anlagenträgern. Mit der Spülung von BURNINGSTAR (V.: Massimiliano) ist dieser Zugang voll aufgegangen. Die aktuell genetisch wertvollsten Jungtiere am Betrieb zählen zur Spitze der gesamten Population, stammen aus Anlagenträgern und sind frei!
KB-Stiere aus dem Betrieb Luschnig
Aus dem F-Stamm sind die Jungstiere GS IO Pp (GZW 130, Euter 121) und WENDELSTEIN (GZW 134) in Besamungseinsatz. Die ersten KB-Stiere aus der Luschnig-Herde waren GS PICK UP (POLARBÄR x RUMGO x HARLEKIN) und GS WRIGLEY (WATT x HUMPERT x RUMGO).
Hornloszucht auf höchstem Niveau
Obwohl die Zuchtphilosophie von Luschnig konsequent auf leistungsstarke Genetik abzielt, hat sich aus der B-Linie in der Hornloszucht ein außergewöhnlicher Erfolg eingestellt. Sowohl auf der männlichen als auch auf der weiblichen Seite laufen die aktuell genetisch besten Hornlosträger in der Herde des vulgo Sturmer. Wenn alles gesund bleibt, ist geplant, auf der Bundesfleckviehschau ein weibliches Tier aus der B-Linie anzubieten.
Seiner Zuchtphilosophie entsprechend hat Norbert Luschnig seit Einführung der Genomselektion 2011 seine Herde zu fast 100 Prozent mit Jungstieren besamt. Ein weiteres Credo in der Zucht ist die konsequente Selektion auf Leistung. Die schönste Kuh geht zur Schlachtung, wenn die Leistung nicht entspricht. Die weiblichen Kälber werden zu fast 100 Prozent genotypisiert – für Erna und Norbert ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Die eine oder andere Spülung wäre nicht gemacht worden, hätte man nicht die Genom-Information gehabt. Aus heutiger Sicht ist man mit den gemachten Erfahrungen extrem überrascht, wie gut sich die Genomzuchtwerte hinterher am Tiere selbst wieder finden.
Spezialist in der Aufzucht
Vorreiter war der Betrieb Luschnig auch in der Kälberaufzucht, wo man als erster Betrieb in der Steiermark mit der angesäuerten Ad-libitum-Tränke begonnen hat. Die ersten sechs Monate erfolgt die Fütterung ohne Kompromisse nur mit bester Qualität. Etwas extensiver wird die Aufzucht erst mit zehn Monaten. Spätestens mit 16 Monaten wird aber jede Kalbin belegt, um die Verfettung bis zur Abkalbung hintanzuhalten.
Die Kälberaufzucht beginnt in der Trockenstehfütterung, um so viel wie möglich Kolostrum und das in bester Qualität für das Kalb zu gewinnen. Seit langem wird die Biestmilch mit der Spindel kontrolliert, Farbe und Menge des gewonnenen Kolostrums haben dabei keine Aussagekraft. Wenn die Qualität nicht ausreichend ist, wird die Milch verworfen und das Kalb mit tiefgefrorenem Kolostrum getränkt. Die Tränkung erfolgt immer sofort nach der Geburt, die Zeit ist dabei ein unbezahlbarer Faktor. In den ersten zwölf Stunden werden bis zu neun Liter getränkt. Gedrencht wird nur im äußersten Notfall. Mit der Ansäuerung wird bei niedrigerem Ansäuerungsgrad bereits mit der zweiten Tränkung gestartet. Mit dieser Sorgfalt kann der Betrieb Ausfälle fast zur Gänze vermeiden. Der Kälbermist sowie die vollständige Tränkeaufnahme werden ständig kontrolliert. Der Einsatz von Elektrolyten erfolgt lieber zu früh als zu spät. Auch nach Stresssituationen, wie zum Beispiel nach der Narkotisierung bei Enthornung oder Kastration, werden Elektrolytlösungen verabreicht. Diese Maßnahmen werden als Schlüssel zum Erfolg angesehen und da werden Kosten nicht gescheut. Im Zuge der Bestandesbetreuung werden die Kälber gegen Grippe behandelt.
In der Aufzucht, aber auch generell im gesamten Bestand, wird auf erste Symptome (Husten) sofort mit dem Einsatz von Vitamin E und Selen reagiert. Warnsignale in der Herde, wie beispielsweise ein Zellgehalt über 100.000, werden sofort als Anlass genommen, alle Maßnahmen auf Fehler zu hinterfragen. Die Klauenpflege wird mindestens zweimal jährlich an einen professionellen Klauenpfleger vergeben. Wichtige Sofortmaßnahmen erledigt Norbert Luschnig selbst.