Wie jedes Jahr ist es wichtig, das Zuchtprogramm Fleckvieh Austria zu analysieren, kritisch zu beleuchten und Bilanz zu ziehen.
Welche phänotypischen und genetischen Fortschritte wurden erzielt?
In welchen Bereichen gibt es Handlungsbedarf für Verbesserungen?
GS DER BESTE-Töchter GRETA (vorne) und STRENCHEN, beide von Anna und Christoph Eichberger, Knittelfeld, Steiermark
Hohes Leistungsniveau
In Tabelle 1 sind die phänotypischen Leistungen für einige wichtige Merkmalsbereiche seit 2015 dargestellt. Bei phänotypischen Leistungen ist immer zu bedenken, dass diese auch von der Witterungs-/Futter-/Preissituation und auch von der Datenqualität abhängen können. Die Milchleistung ist in den letzten Jahren daher und wohl auch aus anderen Gründen (z. B. Hornloszucht) etwas weniger stark gestiegen als wir es schon gewohnt waren. Im Schnitt liegt die Steigerung seit 2015 aber trotzdem bei fast 90 kg pro Jahr. Trotz des hohen Leistungsniveaus und der weitgehend negativen genetischen Zusammenhänge zeigen die meisten Fleisch- und Fitnessparameter eine stabile bis leicht positive Entwicklung. So steigt die Nutzungsdauer bereits seit vielen Jahren wieder langsam, aber kontinuierlich an, sodass die Lebensleistung seit 2015 im Schnitt um etwa 560 kg pro Jahr stark zugenommen hat. Die Fruchtbarkeitsparameter Besamungsindex und Zwischenkalbezeit blieben in den letzten Jahren weitgehend stabil. Die durchschnittliche Zellzahl ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Allerdings ist die Median-Zellzahl (die Hälfte liegt über bzw. unter diesem Wert) seit 2015 von 69.000 auf 61.000 gesunken. Das heißt, das allgemeine Zellzahlniveau hat sich zwar verbessert, aber die besonders problematischen Ausreißer („Millionäre“) sollten reduziert werden.
Tabelle 1: Entwicklung von ausgewählten phänotypischen Leistungen bei Fleckvieh AUSTRIA seit 2015 (ZuchtData-Jahresberichte, 2015-2023)
Genetische Entwicklung sehr positiv
Zur Beurteilung von längerfristigen Entwicklungen werden die genetischen Trends, also die durchschnittlichen Zuchtwerte pro Geburtsjahrgang, herangezogen. In Abbildung 1 sind die genetischen Trends der weiblichen Population für die Hauptbereiche Gesamtzuchtwert (GZW), Milchwert (MW), Fleischwert (FW) und Fitnesswert (FIT) dargestellt. Beim GZW liegen die Steigerungen seit 2010 bei 2,5 GZW-Punkten pro Jahr. Der Milchkomplex zeigt bereits seit Jahrzehnten einen weitgehend linearen Anstieg von 2,2 MW-Punkten pro Jahr. Beim FW ist in den letzten Jahren ein leichter Aufwärtstrend (+0,5 FW-Punkte pro Jahr seit 2010) zu verzeichnen, beim Fitnesswert FIT wird die Steigerung zunehmend deutlich stärker (2000 bis 2010: 0,1, 2010 bis 2015: 0,6, 2015 bis 2021: 1,3 FIT-Punkte pro Jahr).
Abb. 1: Genetische Trends für GZW, MW, FW und FIT der österreichischen Fleckvieh-Kühe
Diese erfreuliche Entwicklung auch im Fitnessbereich ist der Zusammensetzung des GZW, der mathematischen Formulierung des Zuchtziels und der konsequenten Umsetzung des genomischen Zuchtprogramms zu verdanken. Im GZW werden die Fitnessmerkmale mit 44 Prozent gewichtet und damit stärker als die Milch (38 Prozent). Aufgrund der niedrigen Erblichkeiten der Fitnessmerkmale und damit niedrigeren Zuchtwert-Sicherheiten und der negativen genetischen Beziehung zur Milch wird im Milchbereich trotzdem deutlich mehr Zuchtfortschritt erreicht. Daraus kann man erkennen, dass eine sehr hohe Gewichtung der Fitnessmerkmale absolut notwendig ist. Das neueste Fitnessmerkmal, der im Dezember eingeführte Klauengesundheitswert KGW, zeigt eine leicht negative genetische Entwicklung und ist vorerst nicht im GZW enthalten. In den nächsten Jahren steht, nach der letzten Änderung im Jahr 2016, wieder eine Überarbeitung des Zuchtziels = GZW an. Neben dem KGW wird dann wohl auch der in Entwicklung befindliche Stoffwechselstabilitätsindex in den GZW integriert werden. Will man züchterisch noch mehr für Fitness und Gesundheit tun, wird an einer Erhöhung des Gewichts für den Fitnesskomplex kein Weg vorbeiführen.
(Auszug aus dem Artikel „Zuchtprogramm Fleckvieh AUSTRIA – wieder positive Bilanz!“ von Dr. Christian Fürst, ZuchtData; Fleckvieh Austria Magazin 1/24)