Auch wenn heute die Anpaarungen speziell in der Hochzucht fast ausschließlich mit der jüngsten Genetik erfolgen, blicken wir gebannt auf die Entwicklungen im Bereich der nachkommengeprüften Bullen. Größere Veränderungen in diesem Bereich verschieben die Wertigkeit ganzer Nachkommengruppen und beeinflussen damit die Toplisten der Jungstiere enorm – und die aktuelle Zuchtwertschätzung macht da keine Ausnahme.
Gut beobachten kann man das bei jenen beiden Stieren, denen der größte Sprung nach vorne gelungen ist. Sie rücken als Väter oder Muttersväter von interessanten Jungstieren ins Rampenlicht. Da ist einmal EVEREST-Sohn ETOSCHA, der gleich fünf Punkte im GZW gewinnt, besonders beim Fleischwert und Euterqualität überzeugt und das bei auch sonst recht ausgewogener Vererbung. Der zweite, MANDRIN, feiert als ehemalige Nr. 1 ein mehr als erstaunliches Comeback. Als Vertreter des 2009er-Jahrgangs kann er in einer Zeit, in der die 2015er-Jahrgänge mit Töchtern auflaufen, noch immer voll mithalten, was den Gesamtzuchtwert betrifft.
Neuer Toplistenführer
Neuer Listenführer ist jetzt SERANO-Sohn SEHRGUT, der sich kontinuierlich nach vorne gearbeitet hat und jetzt mit Sohn SPARTACUS auch auf der ersten Seite der Jungvererber-Topliste vertreten ist. Dass die Spitze diesmal deutlich breiter wird, liegt auch daran, dass die bisherige Nr. 1, VARTA, bei Milchwert und Fitness nach unten korrigiert, aber dem Topsegment erhalten bleibt. Während andere bereits bestens bewährte Vererber wie VILLEROY, HURLY, VINCENZO, HERZSCHLAG und VESTEL lediglich die Plätze tauschen, rückt GS WRIGLEY neu zu den Top Ten auf.
Zu den weiteren klaren Gewinnern im NK-Bereich zählen EPINAL mit +5 sowie VOCO und WIFFZACK mit +4 im Gesamtzuchtwert.
Genomische Jungstiere
Auch bei der jungen Genetik wird die Spitze – nicht zuletzt dank einiger sehr interessanter Newcomer – neu gemischt und etwas breiter aufgestellt. Ganz vorne rangiert jetzt GS HUBERBUA, eine enorm milchwertstarke Kombination HERMELIN x ETOSCHA aus dem 2019er-Jahrgang. Hinter IMPERATIV-Sohn ICEBREAKER folgen zwei weitere neue: HOFMEISTER kombiniert viele gute Eigenschaften von HERZPOCHEN und VILLEROY und GS ZARAS (Zazu x Etoscha) brilliert besonders beim Exterieur.
Die aktuelle Basis der Zuchtwertschätzung bezieht sich auf bereits genomisch selektierte, sehr starke Jahrgänge, sodass die Basisabschreibung mit 1,4 Punkten beim GZW enorm hoch ist und das wird auch bei den nächsten Terminen so sein. Durch eine so hohe Abschreibung haben wir das Gefühl, dass die einzelnen Stiere schlechter werden und Gleiches gilt auch, wenn wir uns die Werte unserer Kühe und Jungtiere ansehen. In diese psychologische Falle sollten wir nicht tappen – ganz im Gegenteil – die stark steigende Basis zeigt den enormen Zuchtfortschritt, den die Fleckviehzucht in den letzten Jahren realisieren konnte! Dank der Genomik ist es uns heute möglich, Erbfehler praktisch komplett unter Kontrolle zu halten und in der Zucht auf genetische Hornlosigkeit schneller als gedacht voranzukommen. Ganz wesentliche Optimierungsschritte sind derzeit in Arbeit: Das sind zum einen neue Zuchtwerte für Klauen, Stoffwechsel und Tierverhalten, um auch da endlich auf der männlichen Seite selektieren zu können und zum anderen die Umstellung vom zweistufigen Verfahren auf Single-Step-Zuchtwerte, womit die Sicherheiten deutlich verbessert werden – und das gilt auch für die nicht typisierten Kühe einer Herde. Wenn man heute „Insider“ davon sprechen hört, dass diese oder jene Kuh besonders gut typisiert, so ist in Zukunft dieser Effekt im System bereits berücksichtigt. Eine Kuh, deren Nachkommen deutlich besser abschneiden als erwartet, wird entsprechend aufgewertet. Es ist dann wieder, wie es sein soll: Die Abweichung der Nachkommen vom Elternmittel ist ein Produkt des Zufalls in der Vererbung – Züchterglück sozusagen.